Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, wann in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78 Abs. 2 FamFG geboten ist.
Sachverhalt
Die Kindeseltern stritten um die Ausgestaltung des Umgangsrechts für ihre in den Jahren 1999 und 2000 geborenen gemeinsamen Kinder, die nach der Scheidung ihrer Eltern im Haushalt ihrer Mutter lebten. In einem vorangegangenen Verfahren hatten sich die Eltern auf eine Umgangsregelung verständigt. Danach durften beide Kinder in 14-tägigem Rhythmus von Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag zu ihrem Vater. Tagsüber durfte dessen neue Partnerin anwesend sein, während der Übernachtungen jedoch nicht.
Nachdem der Kindesvater mit seiner Partnerin zusammengezogen war, beantragte er eine Änderung des Umgangs dahingehend, dass dieser 14-tägig von samstags 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr und sonntags von 10.00 bis 18.00 Uhr erfolgen solle.
Die von ihm begehrte Verfahrenskostenhilfe wurde bewilligt, die Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten jedoch abgelehnt. Die hiergegen von dem Kindesvater eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG Düsseldorf führte in seiner Begründung aus, dass sich nach dem seit dem 01.09.2009 geltenden FamFG die Voraussetzungen für eine Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten geändert hätten. Besuchs- und Sorgerechtsverfahren zählten nicht zu den sog. Familienstreitsachen und unterlägen daher nicht dem Anwaltszwang. Da das Gesetz auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage verweise, zwinge es dazu, zwischen schwierigen und einfachen Fällen zu unterscheiden. Es möge einfache Fälle im Bereich der Kindschaftssachen geben, jedoch könne nicht aus dem Rang dieser Rechte und ihrer Verbürgung durch höherrangige Normen auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage geschlossen werden. Der BGH habe darauf hingewiesen, dass aus dem Eingriff in diese Rechte nicht eine schwierige Sach- und Rechtslage abgeleitet werden könne (BGH, Beschl. v. 18.02.2009 - XII ZB 137/08 in FamRZ 2009, A 57).
Erforderlich sei die Feststellung, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheine, weil die Sach- und Rechtslage schwierig sei. Diese Feststellung lasse sich jedoch nicht generell, sondern nur nach einer Abwägung im Einzelfall treffen. Zu beachten sei jedoch, dass die Entscheidung nach einer Prognose ohne eingehende Ermittlungen zu gewähren sei. Maßgeblich sei ein objektiver Maßstab, der sich jedoch aus der Perspektive eines juristischen Laien, der ohne besondere Vorkenntnisse um Rechtsschutz nachsuche, zu beurteilen sei. Weiter müsse es ausreichen, dass die Sach- oder Rechtslage schwierig sei. Gerade in Kindschaftssachen lägen die Schwierigkeiten weit häufiger auf tatsächlichem als auf rechtlichem Gebiet. Eine Partei, die das Verfahren auf eigene Kosten betreiben müsse, würde bei einer komplizierten Sachlage kaum auf anwaltliche Unterstützung verzichten. Dieser Grundsatz sei weiterhin zu beachten, denn anderenfalls wäre die Chancengleichheit verletzt, wenn dem hilfebedürftigen Beteiligten zugemutet würde, das Verfahren ohne juristischen Beistand zu betreiben.
Im konkreten Fall wurde gleichwohl eine Beiordnung versagt. Eine besondere Schwierigkeit liege nicht vor, da der Kindesvater eine Reduzierung eines ihm zugestandenen Besuchsrechts anstrebe. Die Kindesmutter habe außergerichtlich eine Verständigung nicht abgelehnt, sondern anstelle des abgesagten Termins beim Jugendamt um einen Ersatztermin gebeten. Eine endgültige Absage sei hiermit nicht verbunden gewesen. Es könne daher eine besondere Schwierigkeit nicht bejaht werden.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.12.2009, II-8 WF 211/09