Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts in selbständigen Sorge- und Umgangsrechtssachen
Leitsatz (amtlich)
1. In selbständigen Sorge- und Umgangsrechtssachen (§ 151 Nr. 1 und 2 FamFG) lässt sich dem Gesetz ein Regel-/Ausnahmeverhältnis für die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht entnehmen (wie BGH FamRZ 2009, 857 f.).
2. Für die Beiordnung nach § 78 Abs. 2 FamFG reicht es aus, dass die Sach- oder die Rechtslage Schwierigkeiten aufweist.
Normenkette
FamFG § 78 Abs. 2, § 151 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
AG Oberhausen (Beschluss vom 05.11.2009; Aktenzeichen 55 F 1272/09) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Oberhausen vom 5.11.2009 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. In der vorliegenden Sache, die durch Schriftsatz vom 25.9.2009 eingeleitet worden ist, streiten die Kindeseltern um die Ausgestaltung des Umgangsrechts. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob dem Antragsteller für diese Angelegenheit ein Rechtsanwalt beizuordnen ist.
Aus der geschiedenen Ehe der Parteien stammen die Kinder C. und J., die im Februar 1999 bzw. im Mai 2000 geboren wurden und bei der Antragsgegnerin leben. In einem vorangegangenen Verfahren (AG Oberhausen 55 F 324/09) verständigten sich die Beteiligten darauf, dass der Antragsteller beide Kinder alle 14 Tage - jeweils von freitags (16.00 Uhr) bis sonntags (16.00 Uhr) - zu sich nehmen darf. Die Kindeseltern waren sich darüber einig, dass die Besuchszeiten tagsüber auch mit der Freundin des Antragstellers, Frau S., verbracht werden konnten, dass "die Übernachtung (gemeint: der Kinder) jedoch ohne Frau S. in der Wohnung des Kindesvaters stattfindet" (vgl. Ziff. 3 des Vergleichs von 17.4.2009). Nachdem der Kindesvater mit seiner neuen Partnerin zusammengezogen war, hat er am 25.9.2009 eine Abänderung dieser Vereinbarung dahin beantragt,
dass er die Kinder an jedem zweiten Wochenende von samstags 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr und sonntags von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr zu sich nimmt.
Durch den angefochtenen Beschluss hat die Amtsrichterin dem Kindesvater Verfahrenskostenhilfe bewilligt, die beantragte Beiordnung eines Rechtsanwalts aber abgelehnt. Gegen diesen Teil der Entscheidung richtet sich die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Kindesvaters, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat.
II. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
Das AG hat die Beiordnung zu Recht versagt.
1. Das Verfahren richtet sich im vorliegenden Fall nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), das zum 1.9.2009 in Kraft getreten ist und das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) abgelöst hat. Damit haben sich auch die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten geändert. Nach wie vor wird danach unterschieden, ob eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben ist oder nicht. In den Angelegenheiten, in denen Anwaltszwang herrscht, ist dem jeweiligen Beteiligten grundsätzlich ein Rechtsanwalt seiner Wahl beizuordnen, §§ 78 Abs. 1 FamFG, 121 Abs. 1 ZPO. Ist dagegen eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, ist eine zusätzliche Prüfung vorzunehmen. Während früher nach §§ 14 FGG, 114 f., 121 Abs. 2 ZPO für eine Beiordnung genügte, dass "die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist", ist jetzt nach § 78 Abs. 2 FamFG eine Beiordnung nur auszusprechen "wenn wegen der Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint". Damit hat der Gesetzgeber die Anforderungen in den selbständigen Besuchs- und Sorgerechtsverfahren erhöht. Sie zählen nicht zu den sog. Familienstreitsachen und unterliegen folglich nicht dem Anwaltszwang, vgl. § 114 Abs. 1 i.V.m. §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 1 und 2 FamFG.
Unter der Geltung des alten Prozessrechts konnten die Parteien eines Sorgerechtsverfahrens im Allgemeinen mit einer Beiordnung rechnen (vgl. die Nachweise bei Zöller ZPO, 27. Aufl., § 121 Rz. 7). Auch für Umgangsrechtsverfahren wurde im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass wegen der besonderen Bedeutung und Auswirkung auf die Lebensumstände der Betroffenen "in aller Regel" die Beiordnung erforderlich sei (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe 4. Aufl. Rz. 555 m.w.N.). Allerdings hat der BGH am 18.2.2009 entschieden, dass es eine derartige Regel nicht gebe und stattdessen im Einzelfall zu prüfen sei, ob das Besuchsrechtsverfahren rechtlich und tatsächlich schwierig sei (FamRZ 2009, 857 f. = NJW-RR 2009, 794 f.); geboten sei eine konkrete, an den objektiven wie subjektiven Gegebenheiten des jeweiligen Falles orientierte Bewertung (Rz. 11 zu XII ZB 137/08).
Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 78 Abs. 2 FamFG gebieten es nach Auffassung des Senats, die zum FGG ...