Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Anfechtung einer Beiratswahl
Stimmrechtsvertretung in Eigentümerbruchteilsgemeinschaft
Beiratswahl (kein Stimmrechtsausschluss)
Tod des Verwalters (keine Verfahrensunterbrechung)
Normenkette
§ 24 Abs. 4 WEG, § 25 Abs. 5 WEG, § 29 WEG, § 43 WEG, § 745 BGB, § 239 ZPO
Kommentar
1. Ein Eigentümerbeschluss, über den jemand zum Mitglied oder Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats bestellt wird, ist für ungültig zu erklären, wenn die Bestellung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht. Dies ist dann der Fall, wenn schwerwiegende Umstände (im Sinne eines wichtigen Grundes) bekannt sind, die gegen die Eignung des Gewählten sprechen. Ein solcher wichtiger Grund liegt dann vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände eine Zusammenarbeit mit dem gewählten Mitglied oder Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von vornherein nicht zu erwarten ist. Da der Beirat gem. § 29 Abs. 2 und 3 WEG (und im vorliegenden Fall auch nach der Gemeinschaftsordnung) keine Entscheidungsbefugnisse, sondern nur Funktionen ergänzender Art hat, ist dies allerdings nur dann der Fall, wenn schwerwiegende Umstände gegen die Person des Gewählten sprechen; nur dann besteht eine zwingende Notwendigkeit, in die Mehrheitsentscheidung der Eigentümer einzugreifen (im vorliegenden Fall hinsichtlich gerügter Beleidigungen und erfolgter Ehr-Erklärungen sowie aufgrund des Zeitablaufs verneint).
2. Die Bestellung eines gemeinschaftlichen Vertreters zur einheitlichen Stimmrechtsausübung für ein in Bruchteilsgemeinschaft stehendes Teileigentum ist durch Mehrheitsbeschluss der Teilhaber jedenfalls insoweit möglich, als es um die im üblichen Rahmen liegenden Verwaltungsmaßnahmen geht. Die Entscheidung hierüber richtet sich nach § 745 BGB; auch die Bestellung eines gemeinschaftlichen Vertreters zur einheitlichen Stimmrechtsausübung ist eine Verwaltungshandlung im Sinne dieser Vorschrift, die durch Mehrheitsbeschluss innerhalb der Bruchteilsgemeinschaft herbeigeführt werden kann. Die Vertretungsmacht kann in einem solchen Fall gegenständlich beschränkt werden, d. h. nur solche Erklärungen, die nach Art und Inhalt unter die beschlossene Regelung fallen, können auch gegen den Willen widerstrebender Teilhaber mit Außenwirkung für und gegen alle abgegeben werden. Es bestehen jedoch keine rechtlichen Bedenken dagegen, die einheitliche Stimmrechtsausübung durch Mehrheitsbeschluss auch ohne gegenständlich oder zeitliche Beschränkung auf einen Vertreter zu übertragen. Eine Entscheidung darüber, ob ein solcher interner Beschluss einer Bruchteilsgemeinschaft nichtig oder unwirksam ist, beurteilt sich nicht nach WEG.
3. Ist ein Eigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen, kann er auch nicht das Stimmrecht eines anderen als dessen Bevollmächtigter ausüben (BayObLG, Rechtspfleger 1983, 14). Über seine Wahl zum Mitglied und Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats ist jedoch ein Eigentümer vom Stimmrecht nicht ausgeschlossen (vgl. in gleichlautendem Sinne zur Wahl des Verwalters die h. R. M.).
4. Der Tod eines Verwalters unterbricht i. Ü. nicht das Verfahren; in Wohnungseigentumssachen tritt diese Rechtsfolge analog § 239 ZPO nur ein, wenn das Verfahren ausschließlich ein subjektives Recht des Verstorbenen zum Gegenstand hat (hier nicht).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.03.1990, BReg 2 Z 22/90)
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