Leitsatz

Bejahter Änderungsanspruch der Teilungserklärung (hier: Änderung der Miteigentumsanteile) schon bei "greifbarer" und nicht erst bei "grober" Unbilligkeit

 

Normenkette

§ 10 WEG; § 242 BGB

 

Kommentar

  1. Schon bei "greifbarer" (nicht erst bei grober) Unbilligkeit kann ein Abänderungsanspruch der Teilungserklärung in Betracht kommen, wenn die bisherige Vereinbarungsregelung aus sachlichen Gründen korrigiert werden soll.
  2. Vorliegend hatte ein Eigentümer ein im Gemeinschaftseigentum stehendes Treppenhaus zwischen dem 3. Ober- und dem Dachgeschoss erworben, um zwei Wohnungen zusammenlegen zu können. Im Kaufvertrag waren bereits die Miteigentumsanteile geändert festgelegt; ein anderer Eigentümer sollte hier einen geringfügig erhöhten Miteigentumsanteil als bisher vereinbart erhalten. Anschließend wurde auch mit der Stimme dieses Miteigentümers einstimmig beschlossen, die Teilungserklärung entsprechend zu ändern. Alle Eigentümer hatten mit Ausnahme des einen Antragsgegners der nunmehr anstehenden notariell zu beurkundenden Änderung der Teilungserklärung zugestimmt.
  3. 3. Insoweit war nach Meinung des Gerichts bezüglich des Zustimmungsanspruchs der Gemeinschaft zur Änderung der Teilungserklärung auf das rechtlich schützenswerte Vertrauen der Gemeinschaft abzustellen (im Anschluss an BGH v. 20.9.2000, NJW 2000, 3500; vgl. auch bereits OLG Düsseldorf, 13.6.2001, 3 Wx 132/01, ZMR 2002, 68). Die Anforderungen an einen Abänderungsanspruch sind insoweit im Vergleich zur bisher streng ausnahmebezogenen h.R.M. - wie hier - in angemessenem Umfang zu verringern. Dies erscheint konsequent und sachgerecht, um insbesondere im Laufe der Jahre als unbillig erkannte Regelungen in der ursprünglichen Teilungserklärung so abzuändern, dass die Regelung unter Abwägung aller Einzelfallumstände den Interessen aller Eigentümer in möglichst bestem Maße gerecht wird. Bereits greifbare Unbilligkeiten unter Berücksichtigung der vernünftigen Gesamtinteressen aller Eigentümer waren deshalb - wie hier - zu bereinigen. Vorliegend verringerte sich nicht der Miteigentumsanteil des Antragsgegners, sondern er vergrößerte sich sogar geringfügig; die damit verbundene Änderung der Kostenverteilung von unter 1/10 erscheint unerheblich und ist deshalb vom Antragsgegner zu tolerieren. Den nicht ersichtlichen Nachteilen des Antragsgegners stehen die Interessen der restlichen Miteigentümer entgegen, die sich i. Ü. allesamt für die Änderung der Teilungserklärung ausgesprochen haben. Die Änderung dient damit dem überwiegenden Interesse der Gesamtgemeinschaft und deshalb auch einem besseren gedeihlichen Zusammenleben in dieser Gemeinschaft.
 

Link zur Entscheidung

AG Hannover, Beschluss vom 12.09.2002, 71 II 273/02, ZMR 6/2003, 457

Anmerkung

Briesemeister hat diese Entscheidung in ZMR 2003, 713 ff. wohl zu Recht scharf kritisiert (auch unter Hinweis auf BGH v. 4.4.2003, ZMR 2003, 748 = NZM 2003, 480 = DWE 2003, 56 = NJW 2003, 2165 = ZWE 2003, 259).

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