Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 15 WEG, § 1004 BGB, § 890 ZPO
Kommentar
1. Die Belegung einer Eigentumswohnung mit Aussiedlern hält sich im zulässigen Rahmen, wenn in etwa ein Richtwert von 2 Personen je Zimmer und eine Verweildauer nicht unter einem halben Jahr eingehalten wird.
Dies entschied das OLG Stuttgart und verwies einen Rechtstreit zum Zweck erneuter Verhandlung und Entscheidung an das LG Stuttgart zurück (erforderliche weitere Ermittlungen; bisher nicht hinreichend bestimmtes Unterlassungsgebot).
Das Landgericht hätte nicht davon absehen dürfen, eine zahlenmäßige Begrenzung der zulässigen Personenzahl in den einzelnen Wohnungen vorzunehmen.
Richtig sei zwar, dass sich die Frage einer Überbelegung bei einer kinderreichen Familie anders beurteile als bei untereinander fremden Einzelpersonen. Schon im Titel des Erkenntnisverfahrens müsste allerdings die zu unterlassende Handlung inhaltlich so genau bestimmt werden, dass für jeden erkennbar sei, was ein Gläubiger vom Schuldner verlangen könne und der Schuldner zu unterlassen habe.
Ein Streit über den zulässigen Umfang der Unterbringung von Aussiedlern könne nicht in das Vollstreckungsverfahren gemäß § 890 ZPO verlagert werden. Die Grenze der zulässigen Nutzung der Wohnungen sei im Erkenntnisverfahren genau zu bestimmen, damit für Beteiligte erkennbar werde, wann die zulässige Grenze überschritten sei. Selbst bei Untersagung der Nutzung einer Eigentumswohnung als Übergangswohnheim hätte das Landgericht in den Entscheidungsgründen zahlenmäßig festlegen müssen, wo die Grenze des zulässigen Wohngebrauchs liege, bei deren Überschreitung Wohnungen den Charakter eines Übergangswohnheims erhielten.
2. Für das weitere Verfahren vor dem Landgericht wurden vom Senat folgende weitere Hinweise gegeben:
In richtiger Auslegung der Teilungserklärung sei im vorliegenden Fall nur ein Wohngebrauch zulässig, wie er unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und Größe der Wohnungen noch im Rahmen des Üblichen liege; hier ergäbe sich eine Begrenzung für die zulässige Zahl der Bewohner, wie sie regelmäßig gegeben sei, wenn eine 3- oder 4-Zimmerwohnung an eine Familie oder auch an mehrere Einzelpersonen (z. B. Wohngemeinschaft) vermietet werde.
Bei einer Belegungsdichte bei bis zu 34 Personen sei die Nutzung weit überschritten, weil eine so starke Belegung dem Haus den Zuschnitt eines Heims gebe und eine heimartige Nutzung keinen zulässigen Wohngebrauch darstelle. Bei Unterbringung einer auch größeren Familie sei der Senat der Ansicht, dass die Belegungsdichte noch im Rahmen des üblichen Wohngebrauchs liege, soweit die Personenzahl nicht erheblich größer als das Doppelte der Zimmerzahl sei; ein Abweichen von diesem Richtwert könne dann geboten sein, wenn sich aufgrund des Vortrags der Parteien über die Beschaffenheit und Größe der Wohnung Besonderheiten ergäben, z. B. wegen ungewöhnlich kleiner Zimmer.
Es sei jedoch nicht nur an die Unterbringung von Aussiedlerfamilien zu denken, sondern auch an eine zulässige Vermietung von Einzelpersonen; zum üblichen Wohngebrauch gehöre nämlich nicht nur die Vermietung an Familien, sondern auch an mehrere alleinstehende Personen, z. B. Studenten. Für die zulässige Zahl von Einzelpersonen sei maßgebend, dass mit ihrer Unterbringung für andere Personen oder Miteigentümer keine größeren Beeinträchtigungen verbunden sein dürften als mit der Unterbringung von Familien. Wegen der zusätzlichen Belastungen, die sich durch die Unterbringung von untereinander fremden Einzelpersonen im Vergleich zur Unterbringung von Familien ergäben, müsse deshalb die zulässige Höchstzahl für die Unterbringung von Einzelpersonen niedriger sein; der Senat gehe dabei von einer Richtzahl von höchstens 2 Einzelpersonen pro Zimmer aus.
Auch dürfe nach Mietvertrag der Personenkreis innerhalb weniger Tage oder Wochen nicht fortlaufend wechseln. Auch beim üblichen Wohngebrauch durch Eigennutzung oder Vermietung aufgrund eines unbefristeten Mietvertrags könne zwar gelegentlich ein kurzfristiger Bewohnerwechsel eintreten; üblich sei es jedoch, dass dieselben Bewohner auf längere Zeit in einer Wohnung blieben. Wegen der mit einem kurzfristigen Personenwechsel verbundenen zusätzlichen Beeinträchtigungen halte sich die Unterbringung von Aussiedlern deshalb nur dann im Rahmen des üblichen Wohngebrauchs, wenn mit einem längeren Verbleib zu rechnen sei, wobei der Senat hier von etwa einem halben Jahr ausgehe.
Insoweit werde auch nicht von der tragenden Begründung der Entscheidung des OLG Hamm ( OLG Hamm, Entscheidung vom 26. 9. 1991, Az.: 15 W 127/91= NJW 92, 184 = Rechtspfleger 1992, 102 = WE 92, 135) abgewichen, da dort nicht entschieden worden sei, dass nur bei Unterbringung von Familien keine heimartige Einrichtung vorliege und die Unterbringung von Einzelpersonen generell ausgeschlossen sei.
Auch durch das BayObLG ( BayObLG, Entscheidung vom 28. 11. 1991, Az.: BReg 2 Z 133/91= NJW 92, 917; vgl. auch BayObLG ( BayObLG, Entscheidung vom 22. 10. 1991, Az.: BReg 2 Z 144/91) musste nicht die Frage der Zulässig...