Volker Hustedt, Gido Schür
Rz. 143
Der nacheheliche Unterhalt, der in Art. 301 ZGB geregelt ist, ersetzt die eheliche Sorgepflicht ab dem Zeitpunkt, in dem das Scheidungsurteil rechtskräftig wird. Nach Abschaffung der Schuldscheidung (siehe Rdn 97 ff.) ist nunmehr die Bedürftigkeit eines Ehegatten das Ausgangskriterium für die Bewilligung und Festlegung des nachehelichen Unterhalts. In Ermangelung einer diesbezüglichen Einigung der Parteien kann das Gericht im Urteil, durch das die Ehescheidung ausgesprochen wird, oder durch eine spätere Entscheidung auf Ersuchen des bedürftigen Ehegatten diesem Unterhalt zu Lasten des anderen Ehegatten zuerkennen. Dieser Anspruch ist jedoch nicht absolut: Das Gericht kann die Unterhaltszahlung verweigern, wenn der Beklagte nachweist, dass der Antragsteller einen schweren Fehler begangen hat, durch den die Fortsetzung des Zusammenlebens unmöglich gemacht wurde. Das Gericht muss die Klage abweisen, wenn der Kläger wegen Gewalt gegen seinen Ehepartner verurteilt wurde. Wenn der Beklagte nachweist, dass die Bedürftigkeit des Klägers aus einer einseitig von Letzterem getroffenen Entscheidung resultiert, ohne dass die Bedürfnisse der Familie diese Wahl notwendig gemacht haben, kann er von der Zahlung des Unterhalts befreit oder lediglich verpflichtet werden, einen reduzierten Unterhalt zu zahlen.
Rz. 144
Die Höhe des nachehelichen Unterhalts wird durch das Gericht festgelegt. Dabei soll der Unterhaltsberechtigte zumindest aus seiner Bedürftigkeit befreit werden unter Berücksichtigung der Einkünfte und Möglichkeiten der Ehegatten und einer evtl. bedeutsamen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Unterhaltsberechtigten. Das heißt, dass der Unterhaltsbetrag keinesfalls nur zur Abdeckung der Bedürftigkeit des Berechtigten dient, sondern auch der wirtschaftlichen Verschlechterung des Ehegatten durch die Scheidung selbst Rechnung trägt. Zur Beurteilung dieser Verschlechterung stützt der Richter sich u.a. auf die Dauer der Ehe, das Alter der Parteien, ihr Verhalten während der Ehe in Bezug auf die Organisation ihrer Bedürfnisse und die Betreuung der Kinder während des Zusammenlebens oder danach. Der Richter kann ggf. entscheiden, dass der Unterhalt degressiv sein wird und in welchem Maße er es sein wird. Der Unterhaltsbetrag ist in jedem Fall auf ein Drittel der Nettoeinkünfte des unterhaltspflichtigen Ehegatten beschränkt. Der Unterhalt kann jederzeit aufgrund einer vom Gericht homologierten Vereinbarung der Parteien oder auf Antrag des unterhaltspflichtigen Ehegatten durch einen Kapitalbetrag ersetzt werden.
Rz. 145
Die Dauer der Unterhaltsverpflichtung darf die Dauer der Ehe nicht übersteigen. Im Falle außergewöhnlicher Umstände kann das Gericht diese Frist verlängern, wenn der Unterhaltsberechtigte nachweist, dass er nach Ablauf dieser Frist aus von seinem Willen unabhängigen Gründen noch immer bedürftig bleibt. In diesem Fall jedoch entspricht der Unterhaltsbetrag dem Betrag, der erforderlich ist, um den Unterhaltsberechtigten aus seiner Bedürftigkeit herauszuholen und ist folglich durch diese begrenzt.
Rz. 146
Das Gericht kann, wenn der Unterhaltspflichtige seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt, entscheiden, dass der Unterhaltsberechtigte ermächtigt wird, die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen oder die Erträge aus den Gütern, die er aufgrund ihres ehelichen Güterstandes auch verwaltet, sowie alle anderen Beträge, die Dritte ihm schulden, zu vereinnahmen.
Rz. 147
Außer wenn die Parteien ausdrücklich das Gegenteil vereinbart haben, kann das Gericht auf Antrag einer der Parteien den Unterhalt zu einem späteren Zeitpunkt erhöhen, reduzieren oder abschaffen, wenn infolge neuer, vom Willen der Parteien unabhängiger Umstände der Unterhaltsbetrag nicht mehr angepasst scheint. Wenn sich infolge der Liquidierung und Teilung der gemeinschaftlichen Güter der Eheleute deren finanzielle Lage verändert, kann das Gericht den Unterhaltsbetrag entsprechend anpassen.
Rz. 148
Die Unterhaltspflicht endet von Rechts wegen mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen, unbeschadet der Möglichkeit, für den Unterhaltsberechtigten ggf. einen Unterhalt vom Nachlass zu verlangen. Der Unterhalt endet auf jeden Fall endgültig nach einer erneuten Eheschließung des Unterhaltsberechtigten oder zu dem Zeitpunkt, wo Letzterer eine Erklärung über das gesetzliche Zusammenwohnen abgibt, außer bei gegenteiliger Abmachung der Parteien. Bildet der Unterhaltsberechtigte mit einer anderen Person eine eheähnliche Gemeinschaft, kann die Unterhaltspflicht durch das Gericht aufgehoben werden.