Christoph Weling, Gido Schür
Rz. 128
Gemäß Art. 4.66 ZGB kann niemand gezwungen werden, in ungeteilter Rechtsgemeinschaft zu bleiben, und die Teilung kann jederzeit gefordert werden, ungeachtet jeglicher anderslautenden Verbote und Verträge. Man kann jedoch vereinbaren, dass die Teilung während einer begrenzten Frist ausgesetzt bleiben soll; diese Übereinkunft kann nicht über fünf Jahre verbindlich sein; sie kann aber erneuert werden (Art. 4.66 i.V.m. 3.75 Abs. 2 ZGB).
Rz. 129
Sind alle Erben anwesend und geschäftsfähig, kann die Teilung in jeder beliebigen Form erfolgen. Jeder Erbe kann seinen Anteil an den Mobilien und Immobilien in Sachwerten (in natura) verlangen (Art. 4.73 Par. 1 ZGB), außer wenn:
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der Ehegatte des Erblassers (Art. 4.61 ZGB) oder der Erbe/Vermächtnisnehmer, der mit dem Erblasser i.S.d. Art. 1476 fr. ZGB gesetzlich zusammenwohnte (Art. 4.23 Par. 6 ZGB), die Umwandlung seines Nießbrauchs oder die Zuteilung des vollen Eigentumsrechts verlangt; |
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das Übernahmerecht gem. Art. 4.106 ff. ZGB bei sogenannten kleinen Erbschaften geltend gemacht wird. Aufgrund dieser Bestimmungen können der Ehegatte des Erblassers und die Erben in gerader Linie die vorrangige Übernahme der Wohnung, die der Erblasser, sein Ehegatte oder ein Nachkomme zum Zeitpunkt des Todes bewohnte, sowie der Wohnungseinrichtung verlangen, sofern das Katastereinkommen der gesamten zum Nachlass gehörenden Immobilien unter 1.565 EUR liegt. Der Erblasser kann in einer testamentarischen Verfügung den Erben bezeichnen, dem dieser Übernahmeanspruch zusteht; |
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das Übernahmerecht, das in den Art. 4.114 ff. ZGB über die Erbschaftsregelung für Landwirtschaftsbetriebe im Hinblick auf deren Fortbestand festgelegt ist, beansprucht wird. Aufgrund dieses Gesetzes können Erben der absteigenden geraden Linie die vorrangige Zuteilung des landwirtschaftlichen Betriebs (Mobilien und Immobilien) verlangen, sofern sie regelmäßig und dauerhaft das landwirtschaftliche Unternehmen des Erblassers ganz oder teilweise zum Zeitpunkt des Todes betrieben haben oder im Betrieb regelmäßig und dauerhaft geholfen haben und/oder der Erblasser ihnen dieses Übernahmerecht in einer testamentarischen Verfügung gewährt hat; |
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es eine testamentarische Verfügung des Erblassers gibt, durch welche einem Erbe ein bestimmtes Gut oder auch mehrere Güter ausdrücklich zugeteilt werden, gegebenenfalls gegen Auszahlung eines Ausgleichsbetrages an seine Miterben; |
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aus einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Erblasser und seinem Erben, diesem Erben ein vorrangiges Recht an einem oder mehreren Gütern des Nachlasses zugesprochen wird (z.B. durch ein Verkaufsversprechen oder eine Kaufoption mit Wirkung ab dem Todestag). |
Die Erben können in jedem Fall verlangen, dass vor einer Teilung die zum Nachlass gehörenden Verbindlichkeiten getilgt werden. Wenn die einzelnen Lose der Erben bei der Teilung von Sachwerten nicht gleichwertig sind, kann die Gleichheit durch Einzahlungen in die Erbmasse zu Lasten der Erben, deren Los höher bewertet wird, wiederhergestellt werden.
Rz. 130
Die Regeln zur Zurückführung von geschenkten oder geerbten Gütern wurden durch die Erbrechtsreform, die am 1.9.2018 in Kraft getreten ist, grundlegend geändert. In diesem Zusammenhang kann man von einem regelrechten Paradigmenwechsel und der Abkehr vom napoleonischen Grundsatz der Gleichstellung der gesetzlichen Erben nach Sachwerten (jeder Erbe erhält grundsätzlich Güter gleicher Art, Beschaffenheit und Güte) und einem unmittelbaren Anspruch der Erben an diesen Sachwerten, die am Sterbetag vorhanden sind und die zu Lebzeiten geschenkt wurden, hin zu einer zum Teil rein wertmäßigen Gleichstellung und einem Anspruch der Erben an diesen Werten, ohne dass sie bereits übertragene Sachwerte für sich beanspruchen können, sprechen.
Rz. 131
Im Rahmen der Teilung muss sich jeder Erbe in absteigender gerader Linie den anderen Miterben gegenüber alles anrechnen lassen, was er von dem Erblasser durch Schenkung unter Lebenden unmittelbar oder auf indirekte Weise erhalten hat (die sogenannte Zurückführung oder auch Erstattungspflicht). Dies muss dieser Erbe nur dann nicht machen, wenn die Schenkungen und Vermächtnisse ihm ausdrücklich als Vorausanteil und außer Erbteil oder mit der Befreiung von der Erstattungspflicht gemacht wurden.
Rz. 132
Für alle anderen Erben gilt, dass – außer wenn im Rahmen der Schenkung ausdrücklich die Erstattungspflicht zur Auflage gemacht wurde – die Schenkung oder das Vermächtnis außer Erbteil und mit der Befreiung von der Erstattungspflicht erfolgte.
Wenn die Schenkung oder das Vermächtnis als Vorausanteil oder mit der Befreiung von der Erstattungspflicht erfolgt ist, muss der Erbe diese Zuwendungen dennoch in dem Maße erstatten, in dem diese Zuwendungen den Teil übersteigen, über den der Erblasser frei verfügen konnte; dieser Überschuss ist der Zurückführung also weiterhin unterworfen.
Rz. 133
Die Schenkungen oder Vermächtnisse zugunsten des Ehegatten oder des gesetzlich zusammenwohnenden Partners unterliegen nie...