Rz. 53

Das belgische Recht kennt das Erb- oder Universalvermächtnis (legs universel), mit dem der Erblasser – vergleichbar der Erbeinsetzung nach deutschem Recht – über sein gesamtes Vermögen zugunsten einer oder mehrerer Personen gemeinschaftlich verfügt, Art. 10021009 ZGB. Im Erbfall geht das gesamte Vermögen des Erblassers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge automatisch auf den oder die Bedachten über, einschließlich vorhandener Verbindlichkeiten, Art. 1009 ZGB.

Es bedarf jedoch in zwei Fällen noch einer Aushändigung des Nachlasses bzw. Besitzeinweisung ("envoi en possession"), damit dieser Rechtsübergang auch nach außen geltend gemacht werden kann:[93]

 

Rz. 54

Erstens: Sind noterbberechtigte Personen vorhanden, muss der Universalvermächtnisnehmer gem. Art. 1004 ZGB diesen gegenüber die Herausgabe bzw. Freigabe des Nachlasses verlangen, die ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen kann.[94] Mit Geltendmachung dieses Herausgabe- bzw. Freigabeverlangens steht dem Universalvermächtnisnehmer auch die Nutznießung am Nachlass zu, und zwar rückwirkend auf den Todestag des Erblassers, wenn der Vermächtnisnehmer die Aushändigung des Vermächtnisses binnen Jahresfrist verlangt hat, anderenfalls ab dem Tage der Aushändigung bzw. Klageerhebung, Art. 1005 ZGB.

 

Rz. 55

Zweitens: Sind keine noterbberechtigten Erben vorhanden, hat eine gerichtliche Besitzeinweisung (vgl. Rdn 142) immer dann zu erfolgen, wenn der Universalvermächtnisnehmer in einem eigenhändigen oder internationalen Testament (vgl. Rdn 49) bedacht worden ist, Art. 1008 ZGB. Bei einem notariellen Testament hingegen, ist diese Formalität nicht erforderlich.

[93] Sace, Répertoire Notarial, Bd. III Buch VIII, Dritter Teil, S. 229.
[94] Sace, Répertoire Notarial, Bd. III Buch VIII, Dritter Teil, S. 232.

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