Volker Hustedt, Gido Schür
Rz. 128
Für das Scheidungsverfahren (Art. 1288bis ff. GGB) ist das Familiengericht zuständig. Die Ehegatten bestimmen nach freiem Ermessen den Gerichtsbezirk, in dem sie das Verfahren durchführen wollen. Das Verfahren erfolgt in der Regel schriftlich, es sei denn, das Familiengericht würde das persönliche Erscheinen der Ehegatten auf Eigeninitiative, auf Initiative der Staatsanwaltschaft oder einer Verfahrenspartei anordnen. Im letztgenannten Fall legt die Gerichtskanzlei nach Hinterlegung des Scheidungsantrags das Datum des Erscheinens der Eheleute vor dem Familiengericht fest. Dieses Erscheinen findet innerhalb eines Monats nach Hinterlegung des Antrags statt. Die Ehegatten müssen grundsätzlich persönlich erscheinen und ihren Scheidungswillen äußern. Bei diesem Termin erteilt das Gericht den Eheleuten die Ausführungen und Ermahnungen, die es für angemessen hält, und erläutert ihnen die Folgen des Verfahrens. Die Ehegatten werden alsdann befragt, ob sie nach wie vor die Scheidung zu den in den Scheidungsvereinbarungen festgelegten Bedingungen erwirken wollen. Wenn die Eheleute ihren Antrag bestätigen, wird die Scheidung ausgesprochen.
Rz. 129
Im Laufe des Scheidungsverfahrens kann das Gericht den Ehegatten im Hinblick auf die Änderung der Vereinbarungen in Bezug auf die minderjährigen Kinder Vorschläge machen (sofern es den Eindruck hat, dass diese Vereinbarungen gegen die Interessen der Kinder verstoßen) oder gar Anordnungen geben (sofern die Vereinbarungen eindeutig gegen die Interessen der Kinder verstoßen). In diesem Zusammenhang kann das Gericht die Anhörung der betroffenen Kinder und ein Erscheinen der Eheleute anordnen. Die Parteien können alsdann die empfohlenen oder angeordneten Änderungen der Vereinbarungen bis zu diesem neuen Erscheinungstermin vertraglich festlegen. Wenn die Ehegatten diese Änderungen nicht vornehmen, kann das Gericht die Streichung oder Änderung der Bestimmungen, die offensichtlich gegen die Interessen der Kinder verstoßen, verfügen.
Rz. 130
Auch die Ehegatten können im Laufe des Scheidungsverfahrens ihre Vereinbarungen ändern. Wenn die Ehegatten diese mit neuen und unvorhersehbaren Umständen begründen, welche die Situation der Eheleute, eines Ehegatten oder der Kinder wesentlich verändern, sind die Ehegatten berechtigt, vor dem ersten Erscheinen dem Gericht eine Änderung der Vereinbarungen zu unterbreiten.
Rz. 131
Während des Verfahrens werden die Prozessakten jeweils der Staatsanwaltschaft übermittelt, damit diese eine Stellungnahme zur Einhaltung der Formvorschriften, zur Zulässigkeit der Scheidung und zu den Vereinbarungen in Bezug auf die minderjährigen Kinder abgeben kann. Vor dem Ausspruch der Scheidung prüft das Gericht die Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen und Formerfordernisse sowie den Inhalt der Vereinbarungen in Bezug auf die minderjährigen Kinder. Sofern das Gericht diese Überprüfung als zufriedenstellend erachtet, wird das Urteil die Vereinbarungen in Bezug auf die minderjährigen Kinder bestätigen und die Scheidung aussprechen. Andernfalls wird das Urteil die Verweigerung der Scheidung begründen.
Rz. 132
Gegen das Scheidungsurteil kann innerhalb eines Monats nach der Urteilsverkündung Berufung beim zuständigen Appellationshof eingelegt werden. Die Staatsanwaltschaft kann nur gegen ein Urteil, welches die Scheidung ausspricht, Berufung einlegen. Innerhalb von zehn Tagen nach der Hinterlegung der Schlussanträge muss der Appellationshof entscheiden. Gegen die Entscheidung des Appellationshofs ist innerhalb von drei Monaten nach der Entscheidung ein Kassationsrekurs möglich.