Sarah Kocks, Diana Rjabynina
Rz. 123
In Belgien bestehen im Prinzip keine spezifischen Regelungen zur Mitbestimmung.
Der Unternehmensrat in Belgien ist mit seiner paritätischen Zusammensetzung und den ihm im Wesentlichen zustehenden Informationsbefugnissen keineswegs ein Mitbestimmungsorgan, wie dies im deutschen Recht der Fall ist. Die Schwelle zur Einrichtung eines Unternehmensrates liegt bei einer Beschäftigung von durchschnittlich 50 Arbeitnehmern.
I. Strukturelle Mitbestimmung
Rz. 124
Auf europäischer Ebene ist allerdings durch Art. 16 der 10. Gesellschaftsrechtsrichtlinie eine Regelung zur Mitbestimmung innerhalb der aus der grenzüberschreitenden Fusion hervorgehenden Gesellschaft vorgesehen. Diese Bestimmungen sind teilweise auch innerhalb des belgischen Rechts durch den Tarifvertrag Nr. 94 vom 29.4.2008 umgesetzt worden. Im Prinzip finden die nationalen Regelungen hinsichtlich der Mitbestimmung Anwendung (wenn diese bestehen oder anwendbar sind), denen die aus der Fusion hervorgehende Gesellschaft unterliegt. Dies bedeutet z.B., dass – sofern die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz in Belgien hat – im Prinzip keine Mitbestimmungsregelung zur Anwendung kommt.
Gemäß Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie und Art. 2 des Tarifvertrages Nr. 94 gelten jedoch in drei Fällen die Mitbestimmungsregelungen einer Europäischen Gesellschaft (SE). Dies ist der Fall, wenn mindestens eine der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt und in dieser Gesellschaft ein System der Arbeitnehmermitbestimmung im Sinne der Richtlinie 2001/86/EG besteht, oder wenn das für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft maßgebende innerstaatliche Recht
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nicht mindestens den gleichen Umfang an Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorsieht, wie er in den jeweiligen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften bestand, oder |
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für Arbeitnehmer aus Betrieben der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft, die sich in anderen Mitgliedstaaten befinden, nicht den gleichen Anspruch auf Ausübung von Mitbestimmungsrechten vorsieht, wie sie den Arbeitnehmern nach der Rechtsordnung des Staates gewährt werden, in dem die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz hat. |
Rz. 125
Es steht dem jeweiligen Arbeitgeber selbstverständlich frei, die Arbeitnehmer bzw. deren Vertretungen auf informelle Art und Weise in die Beschlussfassung des Unternehmens miteinzubeziehen.
II. Finanzielle Teilhabe
1. Hintergrund
Rz. 126
Mit Gesetz vom 22.5.2001 betreffend die Teilhabe der Arbeitnehmer am Vermögen und Gewinn der Gesellschaften ("loi relative aux régimes de participation des travailleurs au capital et aux bénéfices des sociétés/wet betreffende de werknemersparticipatie in het kapitaal en in de winst van de vennootschappen") sollte die finanzielle Mitbestimmung der Arbeitnehmer für Unternehmen in steuerlicher und sozialrechtlicher Hinsicht attraktiver gestaltet werden. Dieses Gesetz wurde seit 2018 (mit den Gesetzen vom 35.12.2017 und 14.12.2018) grundlegend geändert. Seitdem spricht man auch von einer "Gewinnprämie" ("prime bénéficiare/winstpremie").
Rz. 127
Die finanzielle Teilhabe der Arbeitnehmer beruht auf drei verschiedenen Motiven:
Zunächst stellt sie eine Art der Entlohnung für Arbeitsleistung dar, wobei insbesondere versucht wird, die damit einhergehenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Kosten zu minimieren. Darüber hinaus soll durch die Einbeziehung des Arbeitnehmers in die finanziellen Gebarungen des Unternehmens ein Ansporn zu höheren Arbeitsleistungen erzeugt werden.
Auf Ebene des Unternehmens selbst kann die Arbeitnehmerbeteiligung je nach deren Ausgestaltung – wie etwa im Fall der Gewinnbeteiligung – zweifelsohne zu einer größeren Flexibilität als das herkömmliche System der Pauschalentlohnung führen. Dadurch ist das Unternehmen in der Lage, plötzlich eintretenden Veränderungen des wirtschaftlichen Lebens wirksamer zu begegnen. Allerdings sind dieser Freiheit des Unternehmens durch die Bestimmungen im Zusammenhang mit Mindestlöhnen Schranken gesetzt.
Schließlich sollte noch die positive Auswirkung der Arbeitnehmerbeteiligung auf die Inflation im Falle von Konjunkturschwankungen betont werden.
Rz. 128
Das Gesetz von 2001 enthält folgende Grundprinzipien:
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Die Entscheidung über die Einführung der Gewinnbeteiligung wird einseitig allein vom Arbeitgeber getroffen. Diese Entscheidung muss jedes Jahr neu getroffen werden. Es handelt sich also nicht um ein erworbenes Recht. |
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Die Regelungen müssen "kollektiv" sein, d.h. allen Arbeitnehmern zur Verfügung stehen. |
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Die Beteiligung muss entweder für alle Arbeitnehmer identisch sein oder einen identischen Prozentsatz der Vergütung ausmachen, je nachdem, was am häufigsten vorkommt. Eine Festlegung auf der Grundlage der individuellen Leistung ist verboten. |
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Die Beteiligung muss auf einer im Vorhinein festgesetzten Formel beruhen, durch die der Zusammenhang mit dem Unternehmensergebnis deutlich wird. Der Verteilungsschlüssel ist auf Grundlage von objektiven Kriterien wie Di... |