OFD Cottbus, Verfügung v. 10.10.1996, S 4521 - 4 - St 137
Es wurde die Frage aufgeworfen, nach welcher Bemessungsgrundlage sich die Grunderwerbsteuer bemisst, wenn,
- Grundstückskaufverträge zugleich Regelungen über die Beseitigung von Altlasten enthalten,
- der Erwerber sich verpflichtet, bestimmte Investitionen zu tätigen und/oder einen bestimmten Beschäftigungsstand aufzubauen bzw. beizubehalten,
und deshalb ein geringerer oder nur symbolischer Kaufpreis („1-DM-Vertrag”) vereinbart wird.
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder vertrete ich hierzu folgende Auffassung:
Zu 1.
Nach § 9 Abs. 1 Nr.1 GrEStG gelten bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen als Gegenleistung.
„Sonstige Leistungen” sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH jedoch nur dann Teil der Gegenleistung, wenn der Erwerber sie als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder der Veräußerer sie als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt (BFH, Urteil v. 29.06.1988, BStBl II 1988, 898, 900).
Ob eine „sonstige Leistung” Bestandteil der grunderwerbsteuerpflichtigen Leistung ist, richtet sich danach, ob sie nach dem Willen der Vertragsparteien zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht worden ist.
Nach diesen Grundsätzen sind Kosten für die Beseitigung von Kontaminierungen nur dann Bestandteil der Gegenleistung, wenn der Erwerber eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung des Veräußerers zur Altlastenbeseitigung durch ausdrücklich vertragliche Vereinbarung übernimmt. Dies kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Veräußerer von der Ordnungsbehörde bereits zur Beseitigung der Altlasten in Anspruch genommen wurde. Sind die Kosten für die Beseitigung der Altlasten und ist damit die Gesamtgegenleistung nicht bezifferbar, bemisst sich die Grunderwerbsteuer nach dem Wert des Grundstücks (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG), es sei denn, der bezifferte Teil der Gegenleistung ist bereits höher.
Ist die Verpflichtung des Veräußerers noch nicht konkretisiert, gehen die Vertragsparteien jedoch davon aus, dass wegen der Kontaminierung ein im Wert gemindertes Grundstück übertragen werden soll, und berücksichtigen sie dies bei der Kaufpreisbemessung, sind die mit der Beseitigung der Kontaminierung verbundenen Kosten nicht Bestandteil der Gegenleistung.
Keinen Einfluss auf die Höhe der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung haben darüber hinaus Regelungen, die im Fall einer noch nicht hinreichend feststehenden Sanierungsverpflichtung das Kostentragungsrisiko auf die Vertragsparteien verteilen sollen. Derartige Regelungen bringen lediglich zum Ausdruck, bis zu welcher Höhe das Risiko einer gegebenenfalls notwendig werdenden Altlastensanierung im vereinbarten Kaufpreis berücksichtigt ist.
Zu 2.
- Wurden mit der Grundstücksübertragung nur Investitions- und Beschäftigungsgarantien übernommen und ist eine Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinne für das übertragene Grundstück nicht zu erbringen, so ist die Grunderwerbsteuer nach dem Wert des Grundstücks (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG) – d.h. nach dessen Einheitswert (§ 10 Abs. 1 GrEStG i.V.m. § 121 a bzw. § 133 BewG) – zu bemessen.
- Wurden mit der Grundstücksübertragung Investitions- und Beschäftigungsgarantien übernommen und ist eine Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinne für das übertragene Grundstück zu erbringen, so bemisst sich die Grunderwerbsteuer regelmäßig nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Die Grunderwerbsteuer berechnet sich auch dann nach dem Wert der Gegenleistung, wenn dieser niedriger ist als der Wert des Grundstücks (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Ein symbolischer Kaufpreis kann aber nicht als grunderwerbsteuerlich maßgebliche Gegenleistung angesehen werden (BFH, Urteil v. 07.12.1994, II R 9/92, BStBl II 1995, 268).
In der späteren Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung oder nicht rechtzeitiger Erfüllung der Investitions- und Beschäftigungsgarantie ist keine zusätzliche Gegenleistung zu sehen. Die Vertragsstrafe wird nicht gezahlt, weil der Erwerber ein Grundstück erworben hat, sondern weil er nach Vertrag für die Nichterfüllung oder nicht rechtzeitige Erfüllung der Investitions- und Beschäftigungsgarantie einzustehen hat.
Diese Verfügung ergeht aufgrund des im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangenen Erlasses des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg vom 05.09.1996 – 32 – S 4521 – 6/96 –.
Normenkette
§ 8 Abs. 2 GrEStG;
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG