Sachverhalt
Bei dem portugiesischen Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Frage, ob die in Portugal anfallende Kfz-Steuer (ISV) bei der Zulassung eines Fahrzeugs zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage der Lieferung des Fahrzeugs gehört, wenn der Lieferant die Kfz-Steuer entrichtet hat und sie (nicht als durchlaufender Posten) mit dem Kaufpreis des Fahrzeugs dem Käufer in Rechnung stellt.
Entscheidung
Der EuGH hat sein Urteil v. 20.5.2010, C-228/09 (Kommission / Polen) bzw. v. 22.12.2010, C-433/09 (Kommission / Österreich) bestätigt. Voraussetzung dafür, dass Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben iSv. Artikel 78 Buchst. a MwStSystRL zur Bemessungsgrundlage gehören, obwohl sie nicht die wirtschaftliche Gegenleistung für die Lieferung des Gegenstands darstellen, ist nach der EuGH-Rechtsprechung, dass die Abgaben in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Umsatz stehen, für den sie entrichtet werden (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteile vom 23.11.1988, 230/87 (Naturally Yours Cosmetics), vom 2.6.1994, C-33/93 (Empire Stores) und vom 3.7.2001, C-380/99 (Bertelsmann)).
Nach den Feststellungen des EuGH sind nach dem portugiesischen Kfz-Steuergesetz (Art. 3 Abs. 1 CISV) die zugelassenen und die anerkannten Händler sowie die Privatpersonen, die der Steuer unterliegende Fahrzeuge in den freien Verkehr Überführen, steuerpflichtig. Die mit der ISV verbundenen Kosten werden nach dem Urteil somit grundsätzlich nicht im Namen des Erwerbers des Fahrzeugs, sondern vom Lieferer dieses Fahrzeugs im Sinne von Art. 73 MwStSystRL entrichtet, wodurch ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Fahrzeuglieferung und der Kfz-Steuer entsteht. Im vorliegenden Fall ist der Betrag, den der Lieferer eines Fahrzeugs in Portugal wegen der Herstellung, Montage, Zulassung oder Einfuhr in das nationale Hoheitsgebiet von Fahrzeugen, die in Portugal zulassungspflichtig sind, als ISV entrichtet, somit Bestandteil des Wertes des gelieferten Fahrzeugs. Wer ein Fahrzeug erwirbt, das der vom Lieferer entrichteten ISV unterliegt, vergütet nach dem Urteil damit einen vorhergehenden Vorgang, den der betreffende Unternehmer veranlasst hat. Folglich ist die ISV Bestandteil der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage der Fahrzeuglieferung.
Hinweis
Konsequenzen für das deutsche Umsatzsteuerrecht sind aus der Entscheidung nicht zu ziehen. Durchlaufende Posten gehören nach Abschnitt 10.4 Abs. 1 UStAE nicht zum Entgelt (§ 10 Abs. 1 letzter Satz UStG). Sie liegen vor, wenn der Unternehmer, der die Beträge vereinnahmt und verauslagt, im Zahlungsverkehr lediglich die Funktion einer Mittelsperson ausübt, ohne selbst einen Anspruch auf den Betrag gegen den Leistenden zu haben und auch nicht zur Zahlung an den Empfänger verpflichtet zu sein. Steuern, öffentliche Gebühren und Abgaben, die vom Unternehmer geschuldet werden, sind bei ihm keine durchlaufenden Posten, auch wenn sie dem Leistungsempfänger gesondert berechnet werden (Abschnitt 10.4 Abs. 3 UStAE unter Hinweis auf BFH, Urteil v. 4.6.1970, BStBl 1976 II S. 648 und Abschn. 10.1 Abs. 6 UStAE). Dies entspricht dem Ergebnis im Streitfall. Hier wurde die Abgabe von dem liefernden Unternehmer geschuldet und nicht vom Abnehmer des Fahrzeugs.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 28.07.2011, C-106/10