Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten sich um den von der Ehefrau zu leistenden Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder, die in dem Haushalt des Ehemannes lebten sowie um den von ihm an die Ehefrau zu leistenden Aufstockungsunterhalt. Die Schwierigkeiten des Falles lagen in den gegenläufigen Ansprüchen.
Sachverhalt
Die Parteien waren seit dem Jahre 2003 geschieden. Der Ehemann war vollschichtig erwerbstätig und betreute die gemeinsamen 13 und 16 Jahre alten Töchter. Er verfügte über ein Nettoeinkommen von knapp 2.600,00 EUR.
Die Ehefrau war seit dem 15.12.2003 als Bürosachbearbeiterin beschäftigt und erzielte ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.230,00 EUR bei Steuerklasse 1/Kinderfreibetrag 1. Sie wurde von dem Ehemann auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch genommen und ging selbst von einem Anspruch in Höhe von 280,00 EUR aus. Näheres zu Zahlungen und zu einer eventuellen Titulierung wurde nicht vorgetragen.
Sie behauptet, bedürftig zu sein und forderte von dem Ehemann nachehelichen Unterhalt i.H.v. 567,01 EUR. Seit Dezember 2005 sei sie auf Leistungen der Bundesagentur für Arbeit angewiesen. Der Ehemann hat hierzu die Auffassung vertreten, die Ehefrau können ihren Bedarf durch eigene Erwerbstätigkeit decken.
Das FamG hat den Antrag der Ehefrau auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts zurückgewiesen. Hiergegen hat die Ehefrau sofortige Beschwerde eingelegt, die in der Sache Erfolg hatte.
Entscheidung
Das OLG hob den ablehnenden PKH-Beschluss erster Instanz auf und gewährte der Ehefrau Prozesskostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Klage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in von ihr geltend gemachter Höhe. In seinem Beschluss wies das OLG auf die Darlegungs- und Beweislast der Ehefrau hinsichtlich der Höhe ihres Bedarfs hin und kritisierte, dass sie ihrer Verpflichtung in eher dürftigem Umfang nachgekommen sei. Insbesondere könne mangels entsprechender Darlegung ein von ihr erwähnter Wohnvorteil nicht berücksichtigt werden. Dies gelte auch für den angeblich völligen Wegfall ihrer Einkünfte ab Dezember 2005, da sie seit Dezember 2003 erwerbstätig sei, stehe ihr ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zu. Außerdem fehle jeder Vortrag zum Zeitpunkt und Grund der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses und ihren Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle. Aus diesem Grunde legte das OLG in seiner Unterhaltsberechnung das seit Dezember 2003 von der Ehefrau erzielte Einkommen zugrunde.
In seiner Berechnung verminderte das OLG die Einkünfte der Antragstellerin um den Barunterhalt für die beiden Kinder. Es hielt die Ehefrau unter Berücksichtigung ihres Unterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 2 BGB für insoweit leistungsfähig. Aus der vom OLG vorgenommenen Unterhaltsberechnung ergab sich ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt, der höher war als der von der Ehefrau beantragte Betrag. Es errechnete einen Unterhaltsanspruch der Ehefrau von gerundet 888,00 EUR und einen Anspruch des Ehemannes auf Zahlung von Kindesunterhalt i.H.v. von 632,00 EUR für die beiden Töchter. Bei einer Verrechnung der gegenläufigen Ansprüche bestand nach Auffassung des OLG noch ein Zahlungsanspruch der Ehefrau gegen den Ehemann i.H.v. 256,00 EUR.
Das staatliche Kindergeld wurde bei beiden Eltern hälftig berücksichtigt.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.03.2006, 16 WF 5/06