Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 12 WEG
Kommentar
1. Es stellt nach Meinung des Senats ein ausschlaggebendes Indiz für die finanzielle Unzuverlässigkeit eines Erwerbers dar, wenn er trotz längerfristiger Nutzung der gekauften Eigentumswohnung Wohngeld nicht entrichtet (im vorliegenden Fall 2-jähriges Zahlungs-Säumnis trotz entsprechender Vermietung). Der Indizwirkung steht nicht entgegen, dass der bisherige Eigentümer im Außenverhältnis gegenüber den Miteigentümern noch zur Wohngeldzahlung verpflichtet ist, wenn der Erwerber nach Kaufvertrag das Wohngeld nicht zahlen sollte. Eine so festgestellte Unzuverlässigkeit des Erwerbers rechtfertigt die Zustimmungsverweigerung im Sinne des § 12 WEG und hier getroffener Vereinbarung in der Teilungserklärung.
2. Eigentümer haben ein rechtlich schützenswertes Interesse daran, dass ein neu hinzugetretener Eigentümer insbesondere im Hinblick auf seine wirtschaftliche Leistungsfähig- und -willigkeit zur bestehenden Gemeinschaft passt. Persönliche oder finanzielle Unzuverlässigkeit können für einen Verwalter und auch für Eigentümer Anlass zur Verweigerung der Zustimmung zum Verkaufsvertrag geben, da bei Nichterfüllen der dem Rechtsnachfolger obliegenden finanziellen Verpflichtungen die übrigen Eigentümer diese Ausfälle faktisch ausgleichen müssen (h.R.M.). Zu Recht konnte im vorliegenden Fall das LG allein auf die Besorgnis abstellen, dass der Käufer seinen Verpflichtungen nicht nachkommen werde, wenn er Miteigentümer werde. Da der Käufer die Wohnung seit über 2 Jahren durch Vermietung nutzte und entgegen der gegenüber seinem Verkäufer übernommenen Verpflichtung kein Wohngeld zahlte, konnte zu Recht auf die Besorgnis finanzieller Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Im Prozess hat der Käufer auch keine Gründe dafür benannt (abgesehen von allgemeinen Hinweisen auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und -willigkeit), weshalb er keine Wohngelder leistete; der Nichtzahlung allein ist deshalb ausschlaggebende indizielle Wirkung beizumessen; das Verhalten des Erwerbers ist deshalb umso unverständlicher, als er seit nunmehr mehr als 2 Jahren die wirtschaftliche Nutzung aus der Wohnung zog, ohne bestandskräftig beschlossene Lasten zu tragen.
3. Auch außergerichtliche Kostenentscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz von DM 20.000,- (nach herrschender Rechtsmeinung 10 bis 20% des Verkaufspreises, hier von DM 85.000,-).
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.1997, 3 Wx 576/96).
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Dieses Entscheidungsergebnis mit unterstellter Prognose finanzieller Unzuverlässigkeit des Erwerbers erscheint mir nach heute vorherrschender Rechtsmeinung nicht vertretbar. Wohngeldzahlungsverpflichtet ist ein Rechtsnachfolger im Verhältnis zur Gemeinschft unstreitig erst mit Umschreibung des Eigentums auf ihn. Vertragliche Freistellungs- bzw. Zahlungspflichten als Besitzübergang bestehen seinerseits allenfalls und ausschließlich gegenüber dem Verkäufer als seinem Vertragspartner. Vor Eigentumswechsel muss sich m.E. auch ein Erwerber gegenüber der Gemeinschaft nicht offenbaren und rechtfertigen, warum er im speziellen Fall seine vertraglich übernommenen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Verkäufer nicht erfüllt. Wohngeldsäumnisse hat eine Gemeinschaft im Verkaufsfalle allein gegen den Verkäufer als rechtmäßigen Schuldner gegenüber der Gemeinschaft bis zum Eigentumsumschreibungszeitpunkt geltend zu machen. Aus der Nichtzahlung des Erwerbers (bei Zahlung mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber dem Veräußerer) Rückschlüsse auf seine (zukünftige) finanzielle Unzuverlässigkeit zu ziehen und damit dem Veräußerer gegenüber die Vertragszustimmung zu verweigern, erscheint mir nicht gerechtfertigt, da vielerlei (berechtigte) Gründe aus dem Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer bestehen können (die der Gemeinschaft meist auch unbekannt sind und bleiben können), warum ein Erwerber seine Schuldverpflichtungen "gegenüber einem Verkäufer" nicht erfüllt. Das Entscheidungsergebnis des OLG Düsseldorf führt ja faktisch wieder zur Wohngeldhaftung eines werdenden (faktischen) Eigentümers in der Rechtsnachfolge, die nach verfestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH) in der Sondernachfolge gerade nicht bestehen soll. Eine Zustimmungsverweigerung aufgrund Besorgnis finanzieller Unzuverlässigkeit eines Rechtsnachfolgers muss deshalb m.E. mit anderer Begründung glaubhaft belegt werden, jedenfalls nicht mit augenblicklicher Nichterfüllung seiner Verpflichtungen dem Verkäufer gegenüber, zumal dieser (der Verkäufer) allein bis zum Eigentumswechsel der Gemeinschaft in Schuldnerschaft (Passivlegitimation) steht und bekanntlich selbst solche Wohngeldschulden eines Veräußerers keinen Zustimmungsverweigerungsgrund für einen Verwalter bzw. ersatzweise für eine Gemeinschaft darstellen. Vgl. ebenso Drasdo in einer Anmerkung in WM Heft 8/1997. Hinzuweisen ist auch auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf, Entscheidung v. 5. 5. 1997, Az.: 3 Wx 459/96.