Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
- Verzicht des Bauträgers auf Erstellung eines Sondereigentums (hier: eines Tiefgaragen-Teileigentums)
- Bereinigungs- und Mitwirkungspflicht aller Eigentümer nach Treu und Glauben, ohne Zahlung eines Wertausgleichs die Miteigentumsanteile des nicht errichteten Tiefgaragen-Teileigentums unter Aufhebung dieses Sondereigentums zu übernehmen
Normenkette
(§ 8 Abs.1 WEG; § 242 BGB)
Kommentar
1. Der Bauträger hatte nach Begründung von Wohnungseigentum 1973 mangels Käufernachfrage endgültig auf die Errichtung einer Tiefgaragen-Teileigentumseinheit verzichtet und aus seiner ursprünglichen Planung gestrichen.
2. Damit sind die Eigentümer heute gem. § 242 BGB verpflichtet daran mitzuwirken, dass der entsprechend festgelegte ursprüngliche Miteigentumsanteil (des seinerzeit geplanten Tiefgaragen-Teileigentums) auf sie nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile übertragen und dass das mit diesem Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum endgültig aufgehoben werde; es entfielen dann auch entsprechend begründete Stellplatz-Sondernutzungsrechte auf der Grundstücksfläche.
3. Nach WEG kann auch Sondereigentum in der Weise begründet werden, dass mit dem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an Räumen in einem erst noch zu errichtenden Gebäude verbunden wird; Sondereigentum entsteht dann mit der Fertigstellung des Gebäudes; bis dahin besteht eine Anwartschaft auf Erlangung des Sondereigentums. Wird nun ein Gebäude, gleich aus welchen Gründen, nicht erstellt, bleibt das Wohnungseigentum auf Dauer in dem Zustand wirksam, in dem es sich bei der Grundbucheintragung befand, also der Substanz nach nur in dem eines Miteigentumsanteils am Grundstück (BGHZ 110, 36, 39; Demharter, NZM 2000, 1196 m.w.N.). Insoweit bestehen keine isolierten Miteigentumsanteile, also Miteigentumsanteile ohne zugehöriges Sondereigentum, die bereinigt werden müssten (vgl. BGH, NJW 1995, 2851; BayObLG, NZM 2000, 1234). Deshalb hat hier der Bauträger auch nicht einen aus dem Gemeinschaftsverhältnis hergeleiteten schuldrechtlichen Anspruch aus § 242 BGB auf Änderung der dinglichen Rechtslage.
4. Da jedoch ein Festhalten an der geltenden Regelung aus anderen Gründen grob unbillig wäre, besteht gleichwohl ein schuldrechtlicher Anspruch des Bauträgers nach § 242 BGB darauf, dass sein Miteigentumsanteil unter Aufhebung des Sondereigentums den anderen Eigentümern anteilig zugeschlagen wird. Vorliegend war immerhin 30 Jahre nach Begründung des Wohnungseigentums das Tiefgaragen-Teileigentum immer noch nicht errichtet. Der Bauträger hatte auch eindeutig erklärt, vom Bau der Tiefgarage Abstand genommen zu haben; entsprechende Hinweise gab es bereits in den Kaufverträgen. Dennoch wurde er all die Jahre mit anteiligen Kosten nach vereinbartem Kostenverteilungsschlüssel für diese nicht gebaute Einheit belastet. Hier traf also den Bauträger eine Lasten- und Kostentragungsverpflichtung, obwohl ihm tatsächlich auf Dauer weder Teil- noch Wohnungseigentum gehörte, der Substanz nach also nur ein Miteigentumsanteil am Grundstück ohne Nutzungsmöglichkeit von Sondereigentum zustand (im Unterschied zu einem etwa ungerechten Kostenverteilungsschlüssel wegen evtl. nicht sachgerechter Festlegung von Miteigentumsanteilen).
In einem solchen Fall ist eine Bereinigung nur in der Weise möglich, dass alle Eigentümer daran mitwirken, die Miteigentumsanteile des Bauträgers unter Aufhebung des dazu gehörenden Sondereigentums auf sie nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu übertragen. Ein Wertausgleich hierfür ist allerdings an den Bauträger nicht zu entrichten, da er selbst die dem jetzigen Zustand zugrunde liegende Regelung in der Teilungserklärung veranlasst hat, der Verzicht auf die Erstellung des Sondereigentums also in seinem Risikobereich lag. Praktische Vorteile erhalten hier die restlichen Eigentümer durch Veränderung der Miteigentumsanteile nicht, zumal es beim Verkauf von Wohnungen maßgeblich auf den Wert der Wohnung, nicht aber auf die Höhe der Miteigentumsanteile ankommt; vielmehr steigt in einem solchen Fall die Kostenbelastung der übrigen Eigentümer.
5. Die zur Herstellung des neuen Zustandes erforderlichen Maßnahmen sind allerdings ebenfalls mit nicht unerheblichen Kosten verbunden; es entspricht hier der Billigkeit, dass auch heute der Bauträger noch diese Kosten zu übernehmen hat.
6. Soweit der Bauträger Sondernutzungsrechte an der Fläche über der Tiefgarage in der Vergangenheit nicht bereits rechtswirksam übertragen hat, stehen ihm Rechte künftig an dieser gemeinschaftlichen Fläche nicht mehr zu.
7. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in allen Rechtszügen bei Geschäftswert III. Instanz von 25.000 DM.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 07.11.2001, 2Z BR 10/01, BayObLGZ 2001 Nr.64)
Auszugsweise darf die wichtige Passage aus dem Tenor dieser Senatsentscheidung zitiert werden:
"II. Die Antragsteller (Eigentümer) werden verpflichtet, ohne Zahlung eines Wertausgleichs daran mitzuwirken, dass die im Nachtrag vom … zur Teilungserklärung vom … unter...