Leitsatz

Zwei minderjährige Kinder - die Antragsteller - wollten ihren Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch nehmen. Die Kindesmutter war zusammen mit den Kindern vom vormaligen Wohnort der Familie weggezogen. Die Entfernung zwischen dem Wohnort der Kinder und dem des Vaters betrug ca. 640 km.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Fahrtkosten, die dem Antragsgegner durch die Wahrnehmung seines Umgangsrechts entstehen, bei ihm einkommensmindernd berücksichtigt und die Anträge der Kinder auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Leistungsfähigkeit ihres Vaters zurückgewiesen.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsteller hatte keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG teilte die Auffassung der Antragsteller insoweit, als davon auszugehen sei, dass der Antragsgegner im Hinblick auf seine gesteigerte Unterhaltspflicht bei entsprechenden Bemühungen ein Bruttoeinkommen von ca. 1.800,00 EUR erzielen könnte. Auch bei Erzielung eines Einkommens in dieser Höhe wäre er nach Auffassung des OLG zur Leistung von Kindesunterhalt allerdings nicht in der Lage.

Bei einem Bruttoeinkommen von 1.800,00 EUR ergäbe sich ein Nettoeinkommen des Antragsgegners von rund 1.200,00 EUR. Nach Abzug 5 % berufsbedingter Aufwendungen und des Selbstbehalts von 900,00 EUR verbleibe verfügbar zunächst ein Betrag von 240,00 EUR (bis 30.6.2007 - 250,00 EUR). Dieser Betrag stehe aber für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung, weil der Antragsgegner ihn für Kosten benötige, die er im Zusammenhang mit der Ausübung seines Umgangsrechts aufwenden müsse.

Nach der neueren Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2005, 706, mit Anm. Luthin = FamRB 2005, 163 seien die mit der Ausübung des Umgangsrechts verbundenen Kosten unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen, wenn und soweit sie nicht anderweitig, insbesondere nicht aus dem anteiligen Kindergeld, bestritten werden könnten. Dies folge daraus, dass das Unterhaltsrecht dem Unterhaltspflichtigen nicht die Möglichkeit nehmen dürfe, sein Umgangsrecht zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung auszuüben.

Dem Antragsgegner ständen außer seinem Einkommen keine Mittel zur Verfügung, aus denen er die Kosten des Umgangsrechts bestreiten könne, insbesondere kein Kindergeld. Er müsse bei seinen monatlichen Besuchskontakten jeweils 1.280 km mit dem Pkw fahren, nachdem die Mutter mit den Kindern vom vormaligen Wohnort der Familie verzogen sei.

Eine Einschränkung der Besuchskontakte sei nicht zumutbar und würde dem Wohl der Kinder zuwiderlaufen.

Die Höhe der monatlichen Fahrtkosten des Antragsgegners belaufe sich bei Zugrundelegung eines Kilometersatzes von 0,20 EUR auf 256,00 EUR. Diese Kosten überstiegen damit den Betrag, der dem Antragsgegner oberhalb des notwendigen Selbstbehalts noch zur Verfügung stehe. Würde man dem Antragsgegner ansinnen, einen Teil der Fahrtkosten aus seinem notwendigen Selbstbehalt zu bestreiten, könnte ihn dies möglicherweise dazu zwingen, die Umgangskontakte einzuschränken. Hiermit würde eine Folge eintreten, die auch dem Interesse der Kinder zuwiderliefe.

 

Hinweis

Eine insgesamt erfreuliche Entscheidung zugunsten des Umgangsberechtigten, der zum Zwecke der Ausübung seines Umgangsrechts erhebliche Fahrtkosten aufwenden muss.

Bereits mit seiner Entscheidung vom 23.2.2005 (FamRZ 2005, 706) hat der BGH entschieden, dass die angemessenen Kosten des Umgangs eines barunterhaltspflichtigen Elternteils mit seinem Kind dann zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts oder einer Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens führen, wenn dem Unterhaltsverpflichteten das anteilige Kindergeld ganz oder teilweise nicht zukommt und er die Kosten nicht aus Mitteln bestreiten kann, die ihm über dem notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben.

Schon in dieser Entscheidung hat der BGH ausgeführt, dass das Unterhaltsrecht dem Unterhaltsverpflichteten nicht die Möglichkeit nehmen darf, sein Umgangsrecht zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung auszuüben und daher die damit verbundenen Kosten konsequenterweise unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen seien.

Das OLG Bremen ist in seinem Beschluss vom 23.10.2007 der neuen BGH-Rechtsprechung gefolgt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Bremen, Beschluss vom 23.10.2007, 4 WF 155/07

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?