Leitsatz
Im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers den Erlass einer einstweiligen Anordnung, nach der die Antragsgegnerin ab sofort die Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 554,00 EUR aufgegeben werden sollte. In der zur Scheidung und den Folgesachen anberaumten mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beim Abschluss eines Vergleichs mitgewirkt, mit dem sich die Antragsgegnerin verpflichtete, an den Antragsteller ab September 2006 laufenden Trennungsunterhalt von 250,00 EUR zu zahlen. Die Parteien einigten sich außerdem darüber, dass rückständige Ansprüche nicht bestehen. Die Grundlage für die Festlegung des Betrages von 250,00 EUR wurde ausführlich in den Vergleichstext aufgenommen.
Das erstinstanzliche Gericht hat den Streitwert für die einstweilige Anordnung auf 3.324,00 EUR (6 × 554,00 EUR) festgesetzt. Mit der von ihm eingelegten Beschwerde verfolgte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers, die Festsetzung auch eines Vergleichsmehrwerts von 3.324,00 EUR nebst 2.216,00 EUR Rückständen für die Regelung der Hauptsache.
Sein Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg und führte zur Festsetzung eines Mehrwerts für den Vergleich i.H.v. 3.546,00 EUR.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG war ein Vergleichsmehrwert festzusetzen. Der Vergleich regele mit dem Anspruch auf Trennungsunterhalt selbst einen eigenen weiteren Gegenstand. Dieser sei ein anderer als die vorläufige Regelung durch einstweilige Anordnung oder einen nur das Verfahren auf Erlass einer solchen beendenden Vergleich.
Ein Prozessvergleich habe in der Regel keine weitergehende Wirkung, als die einstweilige Anordnung gehabt hätte. Gegen ihn finde auch die Abänderungsklage nach § 323 ZPO nicht statt. Er könne im Verfahren nach § 620b ZPO geändert werden, wenn auch nicht, wie die einstweilige Anordnung selbst, bereits aufgrund anderer Einsicht des Gerichts, sondern erst dann, wenn nach Treu und Glauben ein Festhalten an der getroffenen Regelung unzumutbar erscheine (OLG Hamm v. 13.12.1990 - 2 WF 497/90, FamRZ 1991, 582). Der im Verfahren der einstweiligen Anordnung geschlossene Vergleich könne auch - wie hier - eine endgültige Regelung des Unterhalts enthalten. Ein solcher Vergleich sei nach dem Willen der Parteien hier gewollt gewesen. Er sei zwar geschlossen zur Beilegung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung; wie allgemein brauche sich ein Vergleich jedoch nicht auf den unmittelbaren Streitgegenstand beschränken und könne auch einen weiteren Gegenstand, den Unterhaltsanspruch selbst, einbeziehen, ohne dass ein den Unterhalt betreffendes Hauptsacheverfahren anhängig sein müsse.
Hauptsacheverfahren und das auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Verfahren seien verschiedene Angelegenheiten (§ 17 Nr. 4b RVG). Hier seien sie es in dem Sinne, dass der vergleichsweise geregelte mögliche Gegenstand des nicht anhängig gewordenen und des anhängigen verschiedene Angelegenheiten seien. Der Rechtsanwalt könne daher für die zusätzlich geregelte Angelegenheit Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr erhalten.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.12.2006, 16 WF 173/06