Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten sich um den Zugewinnausgleich und die dort zu berücksichtigenden Positionen, nachdem der Ehemann die Tilgung gemeinsamer Darlehen der Parteien übernommen und die Ehefrau im Gegenzug hierfür auf Unterhalt verzichtet hatte.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1986 geheiratet. Die Ehe wurde im Juli 2000 geschieden. Der Ehescheidungsantrag war am 02.09.1999 zugestellt worden. Sie hatten zwei gemeinsame in den Jahren 1992 und 1995 geborene Kinder, die von der Ehefrau betreut wurden.
Die Parteien waren Miteigentümer einer Eigentumswohnung, deren Wert per Stichtag durch einen Sachverständigen mit 71.000,00 EUR ermittelt wurde. Im Zusammenhang mit dem Erwerb dieser Wohnung wurde ein Kredit und zwei Bauspardarlehen aufgenommen. Hinsichtlich des Kredits und eines Bauspardarlehens hafteten die Parteien als Gesamtschuldner. Hinsichtlich eines weiteren Bauspardarlehens war der Ehemann allein Darlehensnehmer. Alle Verbindlichkeiten wurden während der Ehe und auch anschließend allein von ihm bedient.
Die Parteien gingen davon aus, dass der Ehemann Zugewinn nicht erzielt hatte.
Die Ehefrau war weiter Alleineigentümerin einer Liegenschaft in Polen. Hierfür ermittelte der Sachverständige nach diversen Unstimmigkeiten der Parteien hierüber einen Wert per Stichtag mit 63.000,00 DM. Auf die Klage des Ehemannes auf Zahlung einer Zugewinnausgleichsforderung hat das erstinstanzliche Gericht ihm einen Betrag von 18.623,64 EUR zugesprochen.
Beide Parteien legten gegen das Urteil Berufung ein. Der Ehemann mit dem Ziel, eine höhere Zugewinnausgleichszahlung zu erlangen, die Ehefrau mit dem Ziel der Klageabweisung.
Die Berufung des Ehemannes hatte Erfolg, die der Ehefrau war nicht erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG folgte dem Antrag des Ehemannes und sprach ihm eine höhere Zugewinnausgleichsforderung zu als erstinstanzlich ausgeurteilt.
Die Höhe des Anspruchs hänge entscheidend von der vermögensrechtlichen Zuordnung der Darlehen im Rahmen des § 1375 Abs. 1 BGB ab. Im Außenverhältnis hafteten beide Parteien als Gesamtschuldner jeweils für die gesamte Darlehensforderung. In der Regel seien jedoch gesamtschuldnerische Verbindlichkeiten bei beiden Ehegatten nicht in voller Höhe abzusetzen, maßgebend sei vielmehr das interne Ausgleichsverhältnis nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB (BGH v. 30.9.1987 - IVb ZR 94/86, MDR 1988, 129 = FamRZ 1987, 1239; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, vor § 1372 Rz. 11 ff., § 1375 Rz. 15).
Ausgleichsmaßstab seien dabei grundsätzlich die Miteigentumsanteile. Die Vermutung der hälftigen Aufteilung könne aber "aus der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens" anderweitig, insbesondere durch die ehelichen Lebensverhältnisse bestimmt sein. Es sei deshalb auf die Gesamtumstände während der ehelichen Lebensverhältnisse und nach der Trennung abzustellen.
Vorliegend habe der Kläger als Alleinverdiener die Darlehen in voller Höhe allein zurückgeführt. Nach unstreitigem Vortrag hätten die Parteien diese Praxis im gegenseitigen Einvernehmen auch nach der Trennung und Scheidung beibehalten, dafür aber den Unterhaltsanspruch der Ehefrau auf Null reduziert. Zwischen ihnen sei damit vereinbart worden, dass der Kläger im Innenverhältnis die Darlehen alleine bedienen sollte. Hierin habe eine auch beim Gesamtschuldnerausgleich zu berücksichtigende Einigung der Parteien gelegen. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien mit ihrer während und nach der Ehe einverständlich beibehaltenen Handhabung dem Ehemann die Darlehen und seine Rückführung hinsichtlich Zins und Tilgung alleine zuordnen wollten. Sie seien deshalb auch im Rahmen des Zugewinns allein dem Kläger zuzuordnen.
Dies führe auch nicht zu einer doppelten Berücksichtigung dieser Verbindlichkeiten zu Lasten der Ehefrau. Im Rahmen des Zugewinns werde der stichtagsbezogene Vermögensstand der Parteien ausgeglichen, indem bei der Bewertung der Darlehensforderung nur der zum Stichtag bestehende Darlehensbetrag einbezogen werde. Eine zukünftige Entwicklung werde nicht berücksichtigt. Wenn diese Entwicklung dann im Rahmen der Unterhaltsregelung einbezogen werde, erfolge keine zweifache Anrechnung. Im Übrigen partizipiere die Ehefrau auch zukünftig über ihren Miteigentumsanteil an der Darlehenstilgung durch den Ehemann. Soweit sie über die Unterhaltsregelung bzw. ihren Unterhaltsverzicht an der Hälfte der Zinsleistung beteiligt sei, stelle dies keine zweifache Belastung dar, da es sich hier quasi um die Finanzierungskosten der Darlehen handele, die im Rahmen des Zugewinns aufgrund der stichtagsbezogenen Bewertung gerade nicht berücksichtigt würden.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Urteil vom 04.11.2004, 2 UF 46/04