Leitsatz
Ein im September 1990 geborenes nichteheliches Kind nahm seinen Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch, der nach einem Beschluss des AG vom 05.10.1995 für die Zeit vom 11.09.1996 bis zum 10.09.2002 monatlich 317,00 DM und für den Zeitraum vom 11.09.2002 bis zum 10.09.2008 monatlich 376,00 DM Kindesunterhalt schuldete. Der Kläger begehrte Abänderung des Beschlusses ab dem 01.09.2002 und verlangte 100 % des jeweiligen Regelbetrages. Der Beklagte wandte im Hinblick auf die Höhe seiner Einkünfte sowie seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber drei minderjährigen Kindern Leistungsunfähigkeit ein und berief sich darauf, es liege ein Mangelfall vor, wonach auf ihn lediglich ein Unterhaltsbetrag von 112,58 EUR gegenüber dem Kläger entfalle. Er erhob insoweit Widerklage.
Das erstinstanzliche Gericht wies Klage und Widerklage ab.
Mit seiner beabsichtigten Berufung verfolgte der Kläger seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiter und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren, die nicht gewährt wurde.
Auch der Beklagte legte Berufung hinsichtlich der Abweisung seiner Widerklage ein.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG wies auf die Fehlerhaftigkeit des erstinstanzlichen Urteils zunächst insoweit hin, als es ohne vorherige Antragstellung der Parteien erlassen worden war. Es ergebe sich aus dem Terminsprotokoll, dass die Parteien in der mündlichen Verhandlung, auf die sich das Urteil stütze, keine Anträge gestellt hätten. Dies sei allerdings unverzichtbare Voraussetzung einer ordnungsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung. Fehle sie und entscheide das Gericht gleichwohl über das sachliche Begehren einer Partei, liege hierin ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO (OLG Köln MDR 1972, 1044, 1045; OLG Koblenz, MDR 2002, 415).
Eine Zurückverweisung kam nach Auffassung des OLG gem. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht in Betracht, da der Senat aufgrund des Sach- und Streitstandes selbst entscheiden konnte.
Das Abänderungsbegehren des Klägers hielt es für zulässig. Durch den Hinweis auf die Änderung der Regelbeträge habe er sich in zulässiger Weise auf eine der Erhöhung der Bedarfssätze entsprechende wesentliche Veränderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse nach Erlass des Beschlusses vom 18.10.1995 berufen. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sei zwar der Beklagte zumindest für den begrenzten Zeitraum von September 2001 bis Juni 2002 teilweise für die geforderten höheren Unterhaltsbeträge leistungsfähig. Gleichwohl fehle dem Kläger für eine Abänderung die erforderliche Beschwer gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Der Beklagte könne lediglich bis zur räumlichen Trennung von seiner Frau am 01.07.2002 partiell höhere Beträge zahlen, ohne seinen eigenen angemessenen Unterhalt zu gefährden. Dieser sei nämlich durch seine hälftige Beteiligung an dem von seiner Ehefrau und ihm erzielten Gesamteinkommen gesichert. Sein Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau sei bei der Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit nicht erst im Rahmen einer erweiterten Leistungspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen, sondern auch schon bei der Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 1603 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, FamRZ 1982, 590, 591; FamRZ 2002, 742).
Da das Gesetz in § 1603 BGB auf die tatsächlichen Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten abstelle und seine Unterhaltspflicht danach bemesse, ob und inwieweit er imstande sei, den begehrten Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren, sei hier die Sicherstellung des eigenen Unterhalts des Beklagten in seiner Ehe zu berücksichtigen (vgl. BGH, FamRZ 2001, 1065, 1067 f.).
Ab Juli 2002 hielt das OLG eine Leistungsfähigkeit des Beklagten für die von dem Kläger geforderten Beträge aufgrund des Wegfalls des Anspruchs auf Familienunterhalt nicht mehr gegeben.
Entgegen der Auffassung des Klägers sei dem Beklagten kein höheres Einkommen fiktiv anzurechnen, obgleich nach ständiger Rechtsprechung des Senats der Unterhaltsverpflichtete vortragen und ggf. beweisen müsse, dass es ihm trotz aller zumutbaren Anstrengungen nicht gelungen sei, eine Arbeitsstelle zu finden, die es ihm ermöglichen würde, den geforderten Regelbetrag zu zahlen.
Die für den Unterhaltsanspruch in § 1603 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen werde nicht allein durch sein tatsächliches Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit. Reichten seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so treffe ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einzusetzen und eine ihm mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH, FamRZ 1985, 158, 159 m.w.N.).
Die sich aus § 1603 Abs. 2 BGB ergebende verstärkte Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern erlege dem Unterhaltsschuldner eine erhöhte Arbeitspflicht unter gesteigerter Ausnutzung seiner Arbeitskraft auf, die es ihm ermögliche, nicht nur den Reg...