Leitsatz
Die Parteien stritten sich um die Höhe des von dem Ehemann zu zahlenden Trennungs- und Kindesunterhalt für die Zeit ab April 2004. Problematisch war insbesondere die Behandlung der der Ehefrau gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 19 SGB II (Arbeitslosengeld II) sowie des ihr als Zuschuss zum Arbeitslosengeld II gewährten Einstiegsgeldes. Ferner ging es um die Abtretung des Unterhaltsanspruchs an den Leistungsträger und deren Wirksamkeit.
Sachverhalt
Getrennt lebende Eheleute stritten um Trennungs- und Kindesunterhalt für die Zeit ab April 2004. Die in den Jahren 1991 und 1994 geborenen Kinder lebten in dem Haushalt der Ehefrau. Der Ehemann hatte sich in Jugendamtsurkunden vom 11.3.2002 zur Zahlung monatlichen Kindesunterhalts i.H.v. je 135 % des Regelbetrages verpflichtet.
Das erstinstanzliche Gericht hat einen Trennungsunterhalt von monatlich 564,00 EUR und unter Abänderung der Jugendamtsurkunden einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 150 % des Regelbetrages jeweils für die Zeit ab April 2004 zuerkannt. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung ein und begehrte im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 160 % des Regelbetrages für die Zeit ab Januar 2005 sowie Trennungsunterhalt von monatlich 680,00 EUR für den Zeitraum von April bis Dezember 2004, 863,00 EUR für den Zeitraum von Januar bis Juni 2005 und 854,00 EUR für die Zeit ab Juli 2005.
Der Beklagte machte in der Berufungsinstanz nach teilweiser Rücknahme seines Rechtsmittels die Abweisung der Abänderungsklage wegen des Kindesunterhalts für April bis Dezember 2004 geltend. Das Rechtsmittel der Klägerin war teilweise begründet, die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG waren die der Klägerin seit Januar 2005 laufend gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 19 SGB II (Arbeitslosengeld II) nicht als unterhaltsrechtliches Einkommen zu berücksichtigen. Gem. §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1 SGB II handele es sich hierbei um eine nachrangige Sozialleistung, die nur gewährt werde, solange und soweit der Arbeitssuchende seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Art und Weise sichern könne, auch nicht durch auf Rechtsvorschriften beruhender Leistungen anderer, etwa durch Unterhaltsleistungen nach bürgerlichem Recht. Anders als bei der Sozialhilfe gem. § 94 Abs. 1 SGB XII (früher § 91 BSHG) erfolge kein gesetzlicher Forderungsübergang auf den Sozialhilfeträger. Vielmehr erfordere der Übergang von Unterhaltsansprüchen des Sozialleistungsempfängers auf den Leistungsträger eine durch schriftliche Anzeige an den Unterhaltspflichtigen zu bewertende Überleitung gem. § 33 SGB II. Damit entspreche die Rechtslage im Wesentlichen derjenigen, die bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramm vom 23.6.1993 nach der damaligen Fassung der §§ 90, 91 BSHG gegolten habe.
Im vorliegenden Fall war eine Überleitung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz nicht erfolgt. Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass der Träger der Leistungen den Übergang nach § 33 Abs. 1 und 2 SGB II noch für die Vergangenheit bewirken könne, weil insoweit infolge Rechtshängigkeit des Unterhaltsanspruchs die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB vorlägen. Es könne nicht festgestellt werden, dass vom Ausbleiben einer solchen Überleitung auszugehen sei. Mithin komme auch unter dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB eine Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes II als unterhaltsrechtliches Einkommen der Klägerin nicht in Betracht. Der zuständige Leistungsträger habe zwar in einem an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben erklärt, er sehe "bis auf weiteres" von einer Überleitung ab, um die Klageberechtigung der Klägerin nicht zu gefährden. Allerdings habe nach den Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Verhandlungstermin der Leistungsträger auf den eingeklagten Trennungsunterhalt zurückgreifen wollen. Dies folge auch aus der auf Anforderung des Leistungsträgers abgegebenen, den Unterhaltsansprüchen in gesamter Höhe des empfangenen Arbeitslosengeldes II erfassenden Abtretungserklärung der Klägerin vom 1.2.2006.
Diese Abtretung sei allerdings unwirksam und beseitige deshalb die Aktivlegitimation der Klägerin nicht.
Der Gesetzgeber habe in § 33 Abs. 1 und 2 SGB II die Überleitung des Unterhaltsanspruchs zum einen in das Ermessen des Leistungsträgers gestellt und zum anderen für bestimmte Fälle ausgeschlossen. Dabei erfordere die Ermessensausübung eine Abwägung zwischen dem allgemeinen Interesse an einer wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel sowie den Belangen des Leistungsempfängers und des Unterhaltsverpflichteten. Der Gesetzgeber habe die Überleitung auf den Träger der Leistungen nach SGB II von verschiedenen sozialrechtlichen Voraussetzungen abhängig gemacht, deren Vorliegen im Einzelfall vom Leistungsträger n...