Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Arbeitslosengeld II und hierauf als Zuschuss gezahltes Einstiegsgeld bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt. Unwirksamkeit einer Abtretung des Unterhaltsanspruchs an den Leistungsträger
Leitsatz (amtlich)
Vom Unterhaltsberechtigten bezogenes Arbeitslosengeld II ist bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt regelmäßig nicht zu berücksichtigen. Als Zuschuss zum Arbeitslosengeld II gezahltes Einstiegsgeld stellt dagegen unterhaltsrechtliches Einkommen dar.
Eine Abtretung des Unterhaltsanspruchs an den Leistungsträger, eine diesem ggü. abgegebene Verpflichtung zur Auskehrung des eingeklagten Unterhalts oder eine ähnliche Vereinbarung, die auf eine bürgerlichrechtlich begründete Zahlungspflicht des Unterhaltsberechtigten im Umfang empfangener Leistungen nach SGB II gerichtet ist, sind im Hinblick auf §§ 31, 32 SGB I unwirksam.
Normenkette
BGB § 1361 Abs. 1 S. 1, § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB; SGB II §§ 33, 29; SGB I §§ 31-32; ZPO § 265
Verfahrensgang
AG Gifhorn (Urteil vom 02.02.2005; Aktenzeichen 16 F 547/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung ihres weiter gehenden Rechtsmittels sowie unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten wird das am 2.2.2005 verkündete Urteil des AG - FamG - Gifhorn geändert und neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin monatlichen Trennungsunterhalt von 680 EUR für April 2004 bis Dezember 2004, davon insgesamt 760,40 EUR zahlbar an den Landkreis G. als Sozialhilfeträger, von monatlich 863 EUR für Januar 2005 bis Mai 2005, 849 EUR für Juni 2005, 840 EUR für Juli 2005 bis Dezember 2005 und 686 EUR für die Zeit ab Januar 2006 zu zahlen.
Die Jugendamtsurkunden vom 11.3.2002 (Urkunden-Nrn. 68/2002 und 69/2002 S.C.) werden dahin abgeändert, dass der Beklagte für den am 8.7.1991 geborenen M. F. und die am 16.8.1994 geborene L.S.F. für April 2004 bis Dezember 2004 monatlichen Kindesunterhalt von jeweils 150 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe gem. § 1 RegelbetragVO und für die Zeit ab Januar 2005 monatlichen Kindesunterhalt von jeweils 160 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe gem. § 1 RegelbetragVO zu zahlen hat, jeweils abzgl. des hälftigen Kindergeldes für ein erstes bzw. zweites Kind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 3/8, der Beklagte 5/8.
Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin 1/10, der Beklagte 9/10.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Trennungs- und Kindesunterhalt für die Zeit ab April 2004. Die gemeinsamen Kinder M. (geboren am 8.7.1991) und L. S. (geboren am 16.8.1994) leben bei der Klägerin. Der Beklagte hat sich in den Jugendamtsurkunden vom 11.3.2002 (Nrn. 68/2002 und 69/2002 S. C.) zur Zahlung monatlichen Kindesunterhalts i.H.v. je 135 % des Regelbetrages verpflichtet. Das AG hat einen Trennungsunterhalt von monatlich 564 EUR und unter Abänderung der vorgenannten Urkunden einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 150 % des Regelbetrages jeweils für die Zeit ab April 2004 zuerkannt. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Die Klägerin ist als selbständige Handelvertreterin erwerbstätig und begehrt mit ihrer Berufung im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 160 % des Regelbetrages für die Zeit ab Januar 2005 sowie Trennungsunterhalt von monatlich 680 EUR für April 2004 bis Dezember 2004, 863 EUR für Januar 2005 bis Juni 2005 und 854 EUR für die Zeit ab Juli 2005.
Der Beklagte macht nach teilweiser Rücknahme seines Rechtsmittels die Abweisung der Abänderungsklage wegen des Kindesunterhalts für April 2004 bis Dezember 2004 geltend.
II. Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Im Einzelnen ergibt sich wegen des Trennungsunterhalts gem. § 1361 BGB und wegen des Kindesunterhalts gem. §§ 1601 ff. BGB nachfolgende Beurteilung und Berechnung.
1. April 2004 bis Dezember 2004
a) Einkünfte des Beklagten
Ausweislich der Entgeltabrechnungen hat der Beklagte von April 2004 bis Dezember 2004, d.h. nach Erhöhung des Fixgehalts von monatlich 1.534 EUR auf 2.500 EUR bei abgabenbereinigtem Abzug der vermögenswirksamen Arbeitgeberleistung (Nr. 10.6 Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Celle) sowie der um die Arbeitgeber-Zuschüsse reduzierten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ein Nettoeinkommen von monatlich rund 4.240 EUR erzielt. In der dabei berücksichtigten Steuerlast ist ein Pkw-Sachbezug von monatlich 380 EUR enthalten, was netto etwa 195 EUR entspricht, § 287 Abs. 2 ZPO. Die Stellung eines Pkw durch den Arbeitgeber ist mit einem geldwerten Vorteil (Nr. 10.6 Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Celle) von etwa 350 EUR einzustellen, sodass monatlich weitere (350-195) 155 EUR als Einkommen zu berücksichtigen sind und sich Einkünfte von 4.395 EUR ergeben.
Berufsbedingte Aufwendungen ("Betriebskosten") ...