Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten sich um den nachehelichen Unterhalt. In einem Teilvergleich einigten sie sich über den an die Ehefrau zu zahlenden Unterhalt bis Dezember 2004 und ab Juli 2005. Erstinstanzlich ausgeurteilt wurde der von dem Beklagten an die Ehefrau zu zahlende Betrag von Januar bis Juni 2005. Hierbei hat das erstinstanzliche Gericht - abweichend von der Berechnung ab Juli 2005 - aufseiten der Ehefrau eigene Einkünfte berücksichtigt, und zwar Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II i.H.v. monatlich 575,77 EUR. Das erstinstanzliche Gericht ging davon aus, dass die Grundsicherungsleistungen bedarfsdeckend zu berücksichtigen seien, da der Ehemann von dem Leistungsträger nicht mehr in Rückgriff genommen werden könne.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Klägerin Berufung ein mit der Begründung, bei der Grundsicherung handele es sich um eine subsidiäre Sozialleistung. Es müsse immer noch damit gerechnet werden, dass der Leistungsträger die Unterhaltsansprüche der Klägerin auf sich überleite.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens sei daher mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückzuweisen.
Zwar handele es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die die Klägerin von Januar bis Juni 2005 bezogen habe, um Sozialleistungen, die grundsätzlich gegenüber gesetzlichen Unterhaltsansprüchen subsidiär seien. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sei der Leistungsträger im vorliegenden Fall auch nicht gehindert, rückwirkend Unterhaltsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten auf sich überzuleiten. Nach § 33 Abs. 2 S. 3 SGB II i.V.m. § 1613 BGB könne der Leistungsträger den Übergang von Unterhaltsansprüchen für die Vergangenheit insoweit bewirken, als der Unterhaltsverpflichtete von dem Berechtigten in Verzug gesetzt worden sei.
Leistungen, die der Unterhaltsberechtigte nach den §§ 19 ff. SGB II bezogen habe, seien jedoch ausnahmsweise als Einkommen zu behandeln, wenn die Nichtberücksichtigung der Leistungen treuwidrig wäre (vgl. BGH FamRZ 1999, 843; v. 27.9.2000 - XII ZR 174/98, BGHReport 2001, 382 = MDR 2001, 694 = FamRZ 2001, 619; Unterhaltsleitlinien des OLG Celle, 2.2). Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Aus den von der Klägerin überreichten Unterlagen ergäben sich keinerlei konkrete Anhaltspunkte für die von ihr geäußerte Annahme, es müsse immer noch mit einer Überleitung gerechnet werden.
Wenn die Behörde tatsächlich noch eine Überleitungsanzeige erlassen würde, wäre die Klägerin im Übrigen gehindert, die Unterhaltsansprüche für die Zeit vor Rechtshängigkeit der Klage weiter im eigenen Namen geltend zu machen. Die Behörde wäre an der Durchsetzung der Ansprüche aber ihrerseits insoweit durch § 1585b Abs. 3 BGB gehindert.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Beschluss vom 29.05.2006, 10 UF 107/06