Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten sich in einem aus dem Ehescheidungsverbund abgetrennten Verfahren über den Zugewinn. Es ging dabei primär um die Frage, ob eine Unterhaltsforderung der ausgleichspflichtigen Ehefrau gegen den im Rahmen des Zugewinnausgleichs ausgleichsberechtigten Ehemann in ihrem Vermögen zu berücksichtigen sind.
Sachverhalt
Die Parteien waren geschiedene Eheleute. Sie hatten am 27.7.1984 geheiratet und lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
Der Scheidungsantrag des Antragstellers war der Antragsgegnerin am 21.9.2001 zugestellt worden. Als Folgesachen wurden der Zugewinnausgleich, das Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder und nachehelicher Unterhalt geltend gemacht.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit über den nachehelichen Unterhalt übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, da sie in dem am selben Tag verhandelten Trennungsunterhaltsverfahren eine vergleichsweise Regelung getroffen hatten und sie sich hinsichtlich des Sorgerechts geeinigt hatten, hat das FamG durch Urteil vom 5. 11.2004 die Ehe geschieden und durch Beschluss vom selben Tage den Versorgungsausgleich durchgeführt. Das Ehescheidungsurteil wurde durch beiderseitigen Rechtsmittelverzicht am Tage der Verkündung, dem 5.11.2004, rechtskräftig.
Beide Parteien hatten sich mit einer Abtrennung des Verfahrens über den Zugewinn einverstanden erklärt. Ein förmlicher Beschluss über die Abtrennung wurde vom FamG nicht erlassen, das Verfahren über den Zugewinnausgleich jedoch getrennt weitergeführt.
Auf das teilweise Anerkenntnis der Ehefrau hat das FamG am 28.7.2006 ein Teilanerkenntnisurteil erlassen und sie verurteilt, an den Ehemann 6.201,53 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Durch Schlussurteil vom 8.9.2006 hat das FamG die Ehefrau verurteilt, über das Teilanerkenntnis hinaus weitere 17.402,24 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Entsprechend der Berechnung und des Antrages des Ehemannes hat es einen Zugewinnausgleichsanspruch i.H.v. 34.310,62 EUR angenommen, diesen jedoch gem. § 1378 Abs. 2 BGB auf das zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes, der Rechtskraft der Scheidung, vorhandene Vermögen der Ehefrau begrenzt. Dabei hat es eine Unterhaltsforderung der Ehefrau i.H.v. 13.655,00 EUR nicht berücksichtigt und ausgeführt, die Berücksichtigung von Unterhaltsrückständen verstoße gegen Treu und Glauben.
Gegen das erstinstanzliche Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Rechtsmittel des Ehemannes war in vollem Umfang erfolgreich.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG stand dem Ehemann gem. § 1378 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ausgleich des während der Ehe erzielten Zugewinns i.H.v. 34.310,62 EUR zu. Abzüglich des bereits durch Teilurteil titulierten Betrages von 6.201,53 EUR ergab sich daher ein noch zu titulierender Anspruch von 28.109,09 EUR.
Dieser Anspruch sei gem. § 1378 Abs. 2 BGB auf den Wert des bei Beendigung des Güterstandes noch vorhandenen Vermögens zu begrenzen, da zu diesem Zeitpunkt das Vermögen der Ehefrau nicht geringer gewesen sei als der Zugewinnausgleichsbetrag.
Das zum Stichtag 5.11.2005 vorhandene Vermögen der Ehefrau reiche aus, um den Zugewinnausgleichsanspruch des Ehemannes erfüllen zu können. Die Parteien hätten sich am 5.11.2004 - am Tage der Rechtskraft der Ehescheidung in dem vorausgegangenen Gerichtstermin zum Trennungsunterhalt auf einen an die Ehefrau zu zahlenden Ausgleichsbetrag von 22.000,00 EUR verständigt. Hiervon habe ein Betrag von 14.400,00 EUR rückständigen Unterhalt betroffen. In dem Vergleich sei ein Abschlag von den rückständigen Unterhaltsansprüchen von 745,00 EUR vereinbart worden, so dass auf rückständigen Unterhalt noch 13.655,00 EUR entfielen.
Zumindest diese Forderung hinsichtlich des rückständigen Unterhalts sei dem Vermögen der Ehefrau zuzurechnen.
Die Grundsätze der Vermögensbewertung des § 1378 Abs. 2 BGB entsprächen denen des § 1376 BGB. Danach seien auch rückständige Unterhaltsforderungen zu berücksichtigen. Es handele sich um Forderungen, die das Vermögen des Berechtigten mehren. Es bestehe kein Anlass, gem. § 242 BGB diese Forderungen nach Treu und Glauben unberücksichtigt zu lassen.
Der Unterhaltsverpflichtete und Ausgleichsberechtigte habe keinen wirtschaftlichen Vorteil aus der ggf. zu späten Zahlung des Unterhalts. Wäre er den Zahlungsverpflichtungen vor dem Stichtag nachgekommen, wäre das Vermögen der Ehefrau durch die gezahlten Beträge erhöht.
Die Ehefrau hätte zum Bestreiten ihres Unterhalts insofern nicht ihr Vermögen teilweise aufbrauchen müssen. Diese wäre in selbiger Höhe somit zum Stichtag noch vorhanden gewesen (OLG Hamm v. 10.10.1991 - 2 UF 5/90, FamRZ 1992, 679).
Hinweis
Wenngleich das Urteil wenig Neues enthält, ist es dennoch für jeden Praktiker lesenswert.
Ausgangspunkt für die Anwendung der tückischen Vorschrift des § 1378 Abs. 2 BGB sind zwei unterschiedliche Zeitpunkte im Zusammenhang mit der Scheidung. Einerseits der Zeitpunkt für die Berechnung des Endvermögens gem. § 1384 BGB, der mit der Rechtshängigkeit der Ehescheidung eintritt und ande...