Zusammenfassung
Auf nahezu allen Ebenen stellen sich die Rechtsfragen des Ausbildungsverhältnisses zumindest in Nuancen anders, wenn minderjährige Auszubildende betroffen sind. Dabei ergeben sich die Unterscheidungen teilweise direkt aus dem Gesetz, teilweise werden bestimmte Wertungsfragen bei minderjährigen Auszubildenden anders getroffen. Auch hier bietet es sich an, den Weg des Auszubildenden durch das Ausbildungsverhältnis chronologisch nachzuzeichnen. Dabei werden jeweils nur die Unterschiede zum Ausbildungsverhältnis mit volljährigen Auszubildenden beschrieben, ohne die Grundfragen noch einmal im Einzelnen zu erläutern.
1 Die Bewerbungsphase
Arbeitgeber sollten sich nicht wundern, wenn minderjährige Bewerber um einen Ausbildungsplatz ihre Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigte in die Bewerbung einbeziehen oder auch zum Vorstellungsgespräch mitbringen. Dies kann durchaus Vorteile haben, kann man schließlich bestimmte Fragen im Zusammenspiel mit den Eltern besser klären, wie etwa:
- Stehen die Erziehungsberechtigten hinter dem Ausbildungswunsch oder ist es gegebenenfalls nur ihr Wunsch, während der Bewerber selbst gar nicht interessiert ist?
- Wie gewährleistet die Familie, dass beispielsweise der Weg zur Ausbildungsstätte/Berufsschule bewältigt wird?
Da die gesetzlichen Vertreter dem Abschluss des Ausbildungsvertrags über §§ 107, 108 Abs. 2 BGB ohnehin zustimmen und die Vertragsniederschrift unterzeichnen müssen, ist deren Beteiligung an der Anbahnung des Ausbildungsverhältnisses ohnehin zwingend und sollte vom Ausbildenden entsprechend eingeplant werden.
2 Der Vertragsschluss und die Vertragsniederschrift
Das Gesetz unterscheidet zwischen dem eigentlichen Vertragsschluss und der notwendigen Vertragsniederschrift, bzw. neuerdings"Vertragsabfassung" nach § 11 BBiG. Zu beachten ist, dass § 113 BBiG nach herrschender Auffassung für Ausbildungsverhältnisse keine Anwendung findet, weil hier der Erziehungszweck im Vordergrund steht und es daher kein Arbeitsverhältnis i. S. v. § 113 BGB ist. Insofern müssen die gesetzlichen Vertreter in jedem Fall mindestens dem Vertragsabschluss durch den Auszubildenden zustimmen oder den Vertrag selbst für den Minderjährigen abschließen.
Bestätigung des Empfangs der Vertragsabfassung
Auch wenn dies nicht aus dem Gesetz hervorgeht, ist davon auszugehen, dass auch die gesetzlichen Vertreter verpflichtet sind, den Empfang der Vertragsabfassung nach § 13 Satz 2 Nr. 8 BBiG zu bestätigen.
3 Die Durchführung des Ausbildungsverhältnisses
3.1 Bescheinigung nach § 32 JArbSchG
Nach dieser Vorschrift darf ein Jugendlicher, der in das Berufsleben eintritt, nur beschäftigt werden, wenn er eine Erstuntersuchung bei einem Arzt hat durchführen lassen und eine entsprechende Bescheinigung vorlegt.
Nach der Anlage 1 zur Verordnung über die ärztlichen Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchUV) werden im Rahmen dieser Untersuchung neben dem auszuübenden Beruf vor allem die familiäre Vorgeschichte, aktuelle gesundheitliche Einschränkungen/Erkrankungen sowie frühere Unfälle und Operationen abgefragt. Der Inhalt der gemäß § 32 JArbSchG vorzulegenden Bescheinigung ergibt sich aus Anlage 4 zur JArbSchUV. Sie enthält keine Diagnose, sondern Erklärungen darüber, ob durch bestimmte Arbeiten (etwa stehen, knien, sitzen) oder durch Arbeiten in bestimmter Umgebung (etwa Lärm, Hitze, Nässe) die Gesundheit des minderjährigen Auszubildenden dauerhaft oder vorübergehend gefährdet ist.
Diese Bescheinigung muss der Arbeitgeber gemäß § 41 Abs. 1 JArbSchG bis zum Ende des Ausbildungsverhältnisses oder längstens bis zur Volljährigkeit des Auszubildenden aufbewahren und ihm bei Ausscheiden vor Vollendung des 18. Lebensjahres aushändigen.
Keine Ausbildung ohne ärztliche Bescheinigung
Legt der Jugendliche die Bescheinigung bei Ausbildungsbeginn nicht vor, darf er nicht beschäftigt und nicht ausgebildet werden. Der Vertragsschluss wird zwar nicht unwirksam, aber auch ein Vergütungsanspruch entsteht nicht. Der Ausbildende wird gleichwohl kaum eine Wahl haben, als das Ausbildungsverhältnis bei fortbestehender Weigerung des Auszubildenden, die Bescheinigung beizubringen, fristlos innerhalb der Probezeit zu kündigen.
3.2 Zahlung der Ausbildungsvergütung
Da die Zahlung der Ausbildungsvergütung den Anspruch des Auszubildenden auf die Vergütung zum Erlöschen bringen soll, stellt die Zahlung an den minderjährigen Auszubildenden kein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft i. S. v. § 107 BGB dar. Um nicht gegebenenfalls doppelt zahlen zu müssen, bietet es sich daher an, eine bargeldlose Zahlung zu vereinbaren und die entsprechende IBAN mit in die Vertragsniederschrift aufzunehmen. Da die gesetzlichen Vertreter diese ja ebenfalls unterzeichnen müssen, ist damit die Einwilligung der Zahlung auf das angegebene Konto gegeben und der Ausbildende kann sich sicher sein, dass eine entsprechende Zahlung auch Erfüllungswirkung hat.