Leitsatz
Die Klägerin hatte gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt und beantragt, ihr für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Dieser Antrag wurde mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin Rechtsbeschwerde ein, die der BGH als unstatthaft zurückwies. Mehr als zwei Monate nach Zustellung des Prozesskostenhilfe versagenden Beschlusses begründete die Klägerin ihre Berufung und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde zurückgewiesen. Die Berufung der Klägerin wurde wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung als unzulässig verworfen.
Sachverhalt
Die Klägerin verlangte von der Beklagten Schmerzensgeld wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit ihr am 17.8.2005 zugestellten Urteil hat das LG die Klage abgewiesen. Mit Schriftsatz ihres damaligen Prozessbevollmächtigten vom 14.9.2005 - eingegangen am 15.9.2005 - legte die Klägerin gegen das Urteil des LG Berufung ein. In der Folgezeit wurde die Berufungsbegründungsfrist auf ihren Antrag insgesamt viermal, letztmalig bis zum 16.1.2006, verlängert. Mit Beschluss vom 16.12.2005, sowohl der Klägerin als auch ihrem Prozessbevollmächtigten jeweils zugestellt am 21.12.2005, wurde der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wegen mangelnder Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.
Gleichwohl legte die Klägerin Beschwerde gegen den PKH versagenden Beschluss vom 16.12.2005 ein. Diese Beschwerde wies der BGH als unstatthaft zurück.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.2.2006, eingegangen am selben Tag, begründete die Klägerin ihre Berufung vom 15.9.2005 und beantragte "höchst vorsorglich", ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Frist zur Begründung der Berufung zu gewähren.
Der Wiedereinsetzungsantrag wurde zurückgewiesen, die Berufung als unzulässig verworfen.
Entscheidung
Die zweimonatige Frist zur Begründung der Berufung begann mit der Zustellung des die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagenden Beschlusses des OLG vom 16.12.2005 am 21.12.2005 zu laufen. Mit der Bekanntgabe dieser Entscheidung war der Umstand, der die Klägerin an der Begründung der Berufung gehindert hatte, entfallen. Das OLG bemaß im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH (BGH v. 9.7.2003 - XII ZB 147/02, BGHReport 2003, 1155 n. Anm. Deichfuß = MDR 2003, 1308 = NJW 2003, 3275) die Berufungsbegründungsfrist mit zwei Monaten. Dies mit der Begründung, die Waffengleichheit im Zivilprozess gebiete es, der armen Partei die gleiche Frist zur Begründung der Berufung einzuräumen, die auch der bemittelten Partei zur Verfügung stehe.
Die Frist zur Begründung der Berufung sei im Hinblick auf die Zustellung des PKH versagenden Beschlusses am 21.12.2005 am 21.2.2006 abgelaufen. Diese Frist sei von der Klägerin versäumt worden, da ihre Berufungsbegründung erst am 24.2.2006 einging.
Mit der von der Klägerin eingelegten unstatthaften Beschwerde zum BGH sei eine weitere Verlängerung der vorgenannten Frist nicht verbunden gewesen. Unstatthafte Rechtsbehelfe führten zu keiner Fristverlängerung. Vielmehr müsse die Partei aus einer Entscheidung, die im regulären Instanzenzug keiner Abänderung mehr unterliege, die erforderlichen prozessualen Konsequenzen ziehen.
Der Klägerin könne auch zusätzlich zur vorgenannten Zweimonatsfrist keine zusätzliche Bedenkzeit von 3 bis 4 Tagen eingeräumt werden. Zwar habe der BGH (BGH v. 10.11.1998 - VI ZB 21/98, VersR 1999, 1123) der armen Partei, die keine Prozesskostenhilfe erhalte, eine derartige zusätzliche Überlegungsfrist eingeräumt, um sich darüber klar zu werden, ob sie das Verfahren auf eigene Kosten durchführen kann und will. Diese Entscheidung des BGH sei jedoch zur knapp bemessenen zweiwöchigen Frist gem. § 234 ZPO ergangen. Laufe wie hier eine zweimonatige Frist, bestehe kein Anlass, diese um weitere 3 bis 4 Tage zu verlängern, zumal der Klägerin die Berufungsbegründungsfrist ohnehin schon viermal um insgesamt drei Monate verlängert worden sei.
Sie habe daher seit Zustellung des landgerichtlichen Urteils am 17.8.2005 Zeit gehabt, über ihre Berufungsangriffe nachzudenken und die Situation gedanklich zu antizipieren, dass ihr möglicherweise keine Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren bewilligt werde.
Der Klägerin sei auch Wiedereinsetzungen in die versäumte Berufungsbegründungsfrist nicht zu gewähren gewesen, da sie die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft versäumt habe. Sowohl sie als auch ihr Prozessbevollmächtigter, dessen Verschulden sich die Klägerin zurechnen lassen müsse, konnten und durften nicht davon ausgehen, dass ein nicht statthaftes Rechtsmittel von Einfluss auf den Fristenlauf ist. Der Wiedereinsetzungsantrag war nach Auffassung des OLG daher zurückzuweisen.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 21.03.2006, 1 U 4589/05