Leitsatz
Die Leistungspflicht für eine zur Erprobung überlassenen Baumaschine entfällt nicht aufgrund eines Ausschlusstatbestands des § 4 I Nr. 6 a AHB, wenn sie für den vorgesehenen Einsatz nicht geeignet war und deshalb ein Vertrag i. S. d. § 4 I Nr. 6 a AHB nicht zustande kommt.
Normenkette
§ 4 I Nr. 6 a AHB
Sachverhalt
Der Kl. leistete der Fa. Z. in G. Ersatz dafür, dass bei Abbrucharbeiten, die der Kl. auf dem Gelände der ehemaligen Porzellanfabrik i. B. durchführen ließ, ein dort abgestellter Brechcontainer "C." der Fa. Z. durch einen Bagger des Kl. beschädigt wurde. Die Fa. Z. hatte den zur Erprobung durch den Kl. auf das Gelände nach B. verbrachten Brechcontainer nicht abgeholt, obwohl seit einer Weile feststand, dass diese Baumaschine für die vom Kl. vorgesehenen Abbrucharbeiten nicht geeignet war und die Beteiligten sich darüber einig waren, dass ein Mietvertrag über diese Baumaschine nicht zustande kommen werde.
Die Bekl. verweigerte die Regulierung des Schadens unter Berufung auf § 4 I Nr. 6 a AHB.
Entscheidung
Das Berufungsgericht führte aus, entgegen der Auffassung der Bekl. sei der Leistungsanspruch des Kl. aus dem Versicherungsvertrag mit der Bekl. nicht wegen eines Ausschlusstatbestands, insbesondere nach § 4 I Nr. 6 a AHB ausgeschlossen. § 4 I Nr. 6 a AHB schließe den Versicherungsschutz aus für Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen, die der VN gemietet, geliehen oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder die Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrags sind.
Im vorliegenden Fall sei zwischen dem Kl. und der Fa. Z. keiner der in § 4 I Nr. 6 a AHB angeführten Verträge zustande gekommen. Erwogen hätten die Parteien den Abschluss eines Mietvertrages über eine Baumaschine "C.". Auch habe der Kl. den ihm vom Vermittler der Fa. Z. vorgelegten Formular-Mietvertrag bereits unterzeichnet gehabt. Die Fa. Z. habe jedoch den Vertrag nicht gegengezeichnet, weil sich die Parteien einigten, dass der "C." für die Abbrucharbeiten des Kl. nicht geeignet war und der Mietvertrag deshalb nicht in Verzug gesetzt werden sollte. Der Kl. und die Fa. Z. hätten aber auch keinen Leihvertrag geschlossen, weil sich die Beteiligten dahingehend einigten, dass der "C." vom Kl. nicht genutzt wird; von einer unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung könne also gerade keine Rede sein.
Schließlich liege auch kein "besonderer Verwahrungsvertrag" i. S. d. § 4 I Nr. 6 a AHB vor, weil dies voraussetzen würde, dass die Fa. Z. die Baumaschine dem Kl. zur Aufbewahrung übergeben hätte und der Kl. als Verwahrer sich - regelmäßig gegen Entgelt - verpflichtet hätte, die übergebene bewegliche Sache für die Fa. Z. aufzubewahren (vgl. § 688 BGB). Der Begriff des Verwahrungsvertrags sei so klar umrissen, dass er auch innerhalb der Auslegung der AHB keinen anderen Sinn haben könne. Der Verwahrungsvertrag müsse ein "besonderer Verwahrungsvertrag" sein, d. h., dass das Verwahrungselement nach dem Willen der Vertragsparteien und dem wirtschaftlich zugrundeliegenden Sachverhalt eine objektiv selbständige Bedeutung im Rahmen der Vertragsbeziehungen haben müsse. Durch die Einführung des Zusatzes "besonderer" solle klargestellt werden, dass der Ausschluss nicht eingreift, wenn der VN die Sache aufgrund einer Nebenpflicht im Rahmen eines Vertrags anderer Art zu verwahren hat. Eine solche einen Leistungsausschluss nicht rechtfertigende Nebenpflicht könnte hier für die Zeit zwischen dem Ende der Erprobung der Baumaschine und ihrer Rückführung durch die Fa. Z. angenommen werden. Der Fall sei nicht vergleichbar mit leiheähnlichen Verhältnissen, etwa im Rahmen von Nachbarschaftshilfen in der Landwirtschaft, denn in diesen Fällen würden Geräte - und sei es auch nur kurzfristig - wie eigene benutzt. Im hier zu entscheidenden Fall sei die streitgegenständliche Baumaschine zu keiner Zeit in den Betrieb des Kl. integriert worden. Die Verhandlungen seien bereits in der Anbahnungsphase wegen Ungeeignetheit der in Aussicht genommenen Baumaschine für die beabsichtigten Abbrucharbeiten gescheitert.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Urteil vom 02.07.1997, 4 U 469/96