Normenkette

§ 24 WEG, § 25 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

Eine vom Verwalter einberufene Eigentümerversammlung war zum vorgesehenen Beginn 18 Uhr beschlussunfähig. Der die Versammlung leitende Verwalter wartete noch bis 18.45 Uhr. Nachdem auch zu diesem Zeitpunkt die Beschlussfähigkeit nicht erreicht war, ließ er die Beschlussunfähigkeit zu Protokoll nehmen und verließ mit einigen Beiratsmitgliedern den Versammlungsraum und begab sich in einen Nebenraum. Die Mehrheit der verbliebenen Wohnungseigentümer führte dann jedoch unter dem Vorsitz eines ehemaligen Beiratsmitglieds dennoch eine Versammlung durch, in der auch entsprechende Beschlüsse gefasst wurden. Das Protokoll dieser Versammlung wurde allen Eigentümern zugestellt, der Kostenaufwand hierfür der Gemeinschaft in Rechnung gestellt. Eine gerichtliche Anfechtung der in dieser Versammlung gefassten Besschlüsse erfolgte nicht.

Das mit diesem Sachverhalt befasste OLG Düsseldorf hat in letzter Instanz die derzeit herrschende Rechtsmeinung bestätigt, dass die Bestimmung des § 24 WEG kein zwingendes Recht sei, mit anderen Worten durch allstimmige Vereinbarung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG abbedungen werden könnte. Liege eine solche Vereinbarung - wie hier - nicht vor, bedeute dies aber entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht, dass die in einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Versammlung gefaßten Beschlüsse von vornherein unwirksam (im Sinne einer Nichtigkeit) seien. Für die Frage, ob ein solcher Beschluss nichtig oder bloß anfechtbar sei, komme es nur darauf an, ob die getroffenen gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich abdingbar seien. Verstöße gegen abdingbare Bestimmungen führten zur Ungültigkeit von Beschlüssen, allerdings nur über fristgemäße Beschlussanfechtung (die hier nicht erfolgt sei). Damit seien die Beschlüsse rechtswirksam und für die gesamte Gemeinschaft verbindlich geworden (sog. Zitterbeschlüsse). Auch der Kostenerstattungsanspruch für die verauslagten Protokollkosten sei gerechtfertigt.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.1986, 3 Wx 382/86)

Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Die Entscheidung entspricht der derzeitigen obergerichtlichen Rechtsprechung (z. B. auch des BayObLG sowie des OLG Frankfurt).

Aus der abweichenden Rechtsmeinung der Vorinstanz wird erneut deutlich, wie unsicher die Rechtsprechung in Fragen nichtiger Beschlüsse bei Verstößen gegen zwingendes Gesetz und nur anfechtbaren im Falle abdingbarer Bestimmungen ist.

Wenn sich im vorliegenden Fall die Frage aufdrängt, eine fristgemäße Beschlussanfechtung habe u. U. deshalb nicht erfolgen können, da man vielleicht erst sehr spät ein Protokoll erhalten habe bzw. (bei anderer Fallkonstellation) ein Protokoll überhaupt nicht zugestellt wurde, so ist darauf zu antworten, dass insoweit jeder Eigentümer in solchen Fällen die Möglichkeit hätte, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen und dann die Anfechtung nachzuholen (im Falle unverschuldet versäumter Frist).

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