Leitsatz
Macht die Gemeinschaftsordnung die Gültigkeit der Beschlüsse der Wohnungseigentümer von der Protokollierung und der Unterzeichnung durch den Verwalter und 2 von der Versammlung bestimmten Wohnungseigentümern abhängig (sog. qualifizierte Protokollierungsklausel), ist in der Versammlung aber nur der Verwalter anwesend, der zugleich Mehrheitseigentümer ist, genügt es, wenn er das Protokoll unterzeichnet.
Normenkette
§ 24 Abs. 6 Satz 2 WEG
Das Problem
Nach der Gemeinschaftsordnung ist die Versammlung beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten ist. Ferner heißt es:
"In Ergänzung des § 23 WEG wird bestimmt, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung außer den dort genannten Bestimmungen die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist. Das Protokoll ist vom Verwalter und von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern zu unterzeichnen."
- Am 16. August 2011 findet eine Versammlung statt, in der mehrere Beschlüsse gefasst werden, unter anderem zur Abrechnung für das Jahr 2010. In der Versammlung ist allein der Wohnungseigentümer B, der Mehrheitseigentümer und zugleich Verwalter ist, anwesend. B unterschreibt die Niederschrift allein.
- Mit einer am 14. September 2011 beim Amtsgericht eingegangenen Anfechtungsklage greift Wohnungseigentümer K mehrere in der Versammlung gefasste Beschlüsse an. Durch Telefaxschreiben vom 10. Oktober 2011 weist er das Amtsgericht darauf hin, dass ihm bislang noch keine Anforderung für den Gerichtskostenvorschuss vorliegt und bittet um dringende Erledigung. Am selben Tag setzt das Amtsgericht den Streitwert fest. Am 25. Oktober 2011 wird die Vorschussrechnung erstellt und versandt. Der Gerichtskostenvorschuss geht am 4. November 2011 ein. Die Zustellung der Klage an B erfolgt am 15. November 2011.
- Das Amtsgericht weist die Klage ab. Auf die Berufung des K erklärt das Landgericht die angefochtenen Beschlüsse für ungültig. K habe die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gewahrt. Hierfür genüge die fristgemäße Einreichung der Klageschrift, da sie noch demnächst im Sinne des § 167 ZPO zugestellt worden sei. Die Kammer gehe in ständiger Rechtsprechung von einem Zeitraum von 3 Wochen aus, in der ein Kläger den Eingang einer gerichtlichen Vorschussanforderung abwarten könne, wobei diese Frist mit Ablauf der einzuhaltenden Anfechtungsfrist beginne. Vorliegend wäre eine mit Ablauf des 16. September 2011 beginnende 3-wöchige Untätigkeitsfrist am 7. Oktober 2011 verstrichen gewesen. Da aber dieser Tag ein Freitag gewesen und das Telefax des Klägervertreters zur Erinnerung an die gerichtliche Vorschussanforderung bereits am Montag, den 10. Oktober 2011 bei dem Amtsgericht eingegangen sei, hätte eine noch am Nachmittag des 7. Oktober 2011 eingegangene fristgemäße Erinnerung keine spürbare Beschleunigung bewirken können. In der Sache seien die Beschlüsse nicht gültig, da die hierfür nach der Gemeinschaftsordnung erforderliche Protokollierung fehle. Das Protokoll sei nur von der Verwalterin, nicht aber auch von 2 von der Versammlung bestimmten Wohnungseigentümern unterzeichnet worden. Diese Unterschriften seien nicht deshalb entbehrlich, weil B allein in der Versammlung anwesend gewesen sei und daher keine weiteren Wohnungseigentümer zur Unterschrift hätten bestimmt werden können. Andernfalls werde der Zweck der qualifizierten Protokollierungsklausel, die Richtigkeit des Protokolls zu gewährleisten und Rechtssicherheit durch Schutz vor inhaltlich und formal nicht ordnungsgemäß protokollierten Beschlüssen zu schaffen, verfehlt. Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken der als Protokollunterzeichner in Betracht kommenden Wohnungseigentümer, das eine Berufung der Kläger auf die fehlende Gegenzeichnung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs ausschließen könnte, seien nicht ersichtlich.
- Mit der Revision möchte B die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.
Die Entscheidung
Die Revision hat Erfolg. Der Bundesgerichtshof hebt das Urteil des Landgerichts auf und weist die Sache an das Landgericht zurück. Dieses muss sich jetzt mit den weiteren, vom klagenden Wohnungseigentümer behaupteten Anfechtungsgründen befassen. Wie das Landgericht meint der Bundesgerichtshof, der klagende Wohnungseigentümer habe die Anfechtungsfrist nicht verpasst. Anders als das Landgericht meint der Bundesgerichtshof aber, es liege trotz der fehlenden Unterschriften kein Beschlussmangel vor.
Klagefrist
Die Auffassung, K habe die einmonatige Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG gewahrt, sei richtig. Die am 15. November 2011 erfolgte Zustellung sei noch als "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO anzusehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei das Merkmal "demnächst" (§ 167 ZPO) erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen hielten. Dabei werde eine Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen, um eine Überforderung des K...