§ 23 Abs. 1 Satz 1 WEG
Sachverhalt
Am 28.9.2016 genehmigen die Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG a. F. den Einzelwirtschaftsplan der Teileigentümerin B für das Jahr 2017. Danach schuldet B monatlich 601 EUR. Da B zu dieser Versammlung versehentlich nicht geladen worden war und außerdem gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verstoßen wurde, initiiert der Verwalter zusätzlich einen Beschluss außerhalb der Versammlung. Dort genehmigen die Wohnungseigentümer nochmals den Einzelwirtschaftsplan. Mindestens ein Wohnungseigentümer stimmt dem Beschluss allerdings nicht zu. B meint, aus diesem Grund für das Jahr 2017 kein Hausgeld zu schulden, da der Beschluss außerhalb der Versammlung nicht einstimmig gefasst worden sei. Ferner sei mittlerweile Abrechnungsreife eingetreten. Das AG gibt B Recht. Das Gericht könne dem wechselseitigen Vortrag schon nicht zweifelsfrei entnehmen, ob der Verwalter dem Beschluss festgestellt und verkündet habe. Jedenfalls sei der Beschluss nicht zustande gekommen, da ihm nicht alle Wohnungseigentümer zugestimmt hätten
2.1 Die Entscheidung
Das LG sieht es nicht anders! Nach einer Ansicht sei ein solcher Beschluss zwar nur anfechtbar (Hinweis u. a. auf LG Hamburg, Urteil v. 12.7.2017, 318 S 31/16, ZWE 2018 S. 28). Dem sei aber nicht zu folgen. Die Allstimmigkeit sei eine zwingende Voraussetzung für einen Beschluss außerhalb der Versammlung. Daher erscheine die Gleichstellung des Falls, in dem die Allstimmigkeit verfehlt werde, mit dem Fall, dass in einer Versammlung überhaupt keine Abstimmung stattfinde, zutreffend. Für sich betrachtet seien nämlich sowohl das Erreichen der Allstimmigkeit als auch die Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses lediglich notwendige, nicht aber hinreichende Bedingungen der Beschlussfassung. Im Ergebnis seien Beschlüsse, die bei einem Beschluss außerhalb der Versammlung ohne Zustimmung aller Eigentümer gefasst werden würden, als Nichtbeschlüsse anzusehen, da die Mindestanforderungen an die Willensbildung der Eigentümer nicht gewahrt seien. Ferner liege ein "Nicht-Beschluss" vor, weil es an der konstitutiven Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses fehle. Wegen der konstitutiven Wirkung der Verkündung komme auch im schriftlichen Verfahren ein Beschluss erst mit der Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Beschlussergebnisses zustande (Hinweis u. a. auf BGH, Beschluss v. 23.8.2001, V ZB 10/01, NJW 2001 S. 3339). Da es nur um eine entsprechende Anwendung der Regeln zur Beschlussfeststellung und -bekanntgabe in der Versammlung gehen könne, sei dies nicht im Sinne des Zugangs der Mitteilung bei jedem einzelnen Eigentümer zu verstehen. Es genüge jede Form der Unterrichtung (etwa durch einen Aushang oder ein Rundschreiben), die den internen Geschäftsbereich des Feststellenden verlassen habe, und bei der den gewöhnlichen Umständen nach mit einer Kenntnisnahme durch die Wohnungseigentümer gerechnet werden könne. Selbst eine solche Bekanntmachung liege aber nicht vor.
Hinweis
- Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu einem Beschlussantrag in Textform erklären. Gegenstand des Beschlusses kann jede Maßnahme sein, für die es eine Beschlusskompetenz gibt. Die Zustimmung muss dem Beschluss selbst, aber auch der Verfahrensweise gelten. Nicht ausreichend ist es also, dass zwar sämtliche Wohnungseigentümer dem Verfahren als solches zustimmen, der Beschlussantrag aber nur mehrheitlich angenommen wird. Verfehlt ein Beschlussantrag die Zustimmung aller Stimmberechtigten, ist zu verkünden, dass kein Beschluss zustande gekommen ist. Verzählt sich der Initiator oder bewertet er Stimmen falsch und stellt er einen positiven Beschluss fest und verkündet ihn, ist streitig, was gilt. Das LG meint insoweit, es handele sich um einen Nichtbeschluss. Im aktuellen Recht ist aber wohl das Gegenteil richtig.
- Ein Beschluss außerhalb der Versammlung setzt eine Initiative und damit das Bewusstsein der Wohnungseigentümer voraus, einen verbindlichen Beschluss zu fassen. Die Initiative kann von jedem Wohnungseigentümer, aber auch vom Verwalter und sogar von jedem beliebigen Dritten ausgehen. Die Initiative muss unmissverständlich sein. Notwendig, aber auch ausreichend ist dazu, dass jedem Stimmberechtigten erkennbar und klar ist, dass seine Äußerung zu einer Entscheidung gefragt ist und nicht lediglich eine unverbindliche Meinungsäußerung herbeigeführt werden soll. Einem Beschluss außerhalb der Versammlung müssen sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen, mithin auch die Wohnungseigentümer, die in der Versammlung vom Stimmrecht ausgeschlossen wären. Haben die Wohnungseigentümer indessen vereinbart, dass für bestimmte Angelegenheiten nur ein Teil von ihnen stimmberechtigt ist, ist für einen schriftlichen Beschluss notwendig, aber auch ausreichend, wenn nur die durch die Vereinbarung Bestimmten mit "Ja" stimmen.
- Damit ein Beschluss außerhalb der Versammlung entsteht, muss der Initiat...