1 Leitsatz
Die Formulierung in einem Beschluss, "Auswahl und Beauftragung durch den Verwalter erfolgt in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat", ist zu unbestimmt, weil nicht klar ist, wie diese "Abstimmung" praktisch abläuft.
2 Normenkette
§ 28 Abs. 2 Satz 1 WEG
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer fassen folgenden Beschluss: ‹Die Untereigentümergemeinschaft Tiefgarage beschließt die Beauftragung eines Ingenieur- bzw. Planungsbüros hinsichtlich der Planung zur Schaffung einer Ladeinfrastruktur einschließlich Ausschreibung und Angebotseinholung. Dafür steht ein maximales Kostenbudget von 10.000 EUR zur Verfügung. Herr S wird sich zusammen mit der Verwalterin bemühen, ein entsprechend qualifiziertes Elektroplanungsbüro zu finden. Die Auswahl und Beauftragung durch die Verwalterin erfolgt in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat. Die Kostenverteilung erfolgt nach Miteigentumsanteilen der Teileigentümer der Tiefgaragenplätze, die Finanzierung der Kosten erfolgt über eine Sonderumlage, die 14 Tage nach Aufforderung durch die Verwaltung fällig ist›. Dagegen geht Wohnungseigentümer K vor.
4 Die Entscheidung
Mit Erfolg! Die Beauftragung eines Ingenieur- bzw. Planungsbüros hinsichtlich der Planung zur Schaffung einer Ladeinfrastruktur einschließlich Ausschreibung und Angebotseinholung für maximal 10.000 EUR stelle keine Maßnahme nur untergeordneter Bedeutung dar und unterfalle daher nicht § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Es komme daher auf § 27 Abs. 2 WEG an. Der Beschluss nach § 27 Abs. 2 WEG sei möglich, aber zu unbestimmt. Zwar bedürfe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen ihrer Ermessens- und Entscheidungskompetenz zum "Wie" der Ausgestaltung der Ladeinfrastruktur für die Tiefgarage der fachlichen Beratung eines Planers. Sie habe die ihr obliegende Kompetenz aber entweder selbst auszuüben oder sie dem Verwalter konkret zu übertragen. Die Unbestimmtheit betreffe ferner die Auswahl und Beauftragung des Ingenieur- bzw. Planungsbüros durch die Verwalterin in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat. Wie diese Abstimmung zu erfolgen habe, sei nicht beschlossen worden.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um den Beschluss einer "Untergemeinschaft". Ob diese befugt war, ohne die anderen Wohnungseigentümer einen Beschluss zu fassen, muss sich aus einer Vereinbarung geben. Das ist zu unterstellen, da das LG hierzu nichts mitteilt. Ob der Beschluss ordnungsmäßig ist, ist dann eine Frage des § 27 WEG.
Die Verwaltung ist nach § 27 Abs. 1 WEG berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind. Im Fall geht es um die erste Alternative. Hier prüft das LG nicht, sondern behauptet. Es sieht außerdem nicht, dass es neben der Unterordnung auf die Höhe der Verpflichtung ankommt. Es wäre also durchaus möglich, dass die Verwaltung allein handeln durfte und musste.
Nach § 27 Abs. 2 WEG können die Wohnungseigentümer die Rechte und Pflichten nach § 27 Abs. 1 WEG durch Beschluss einschränken oder erweitern. Hätte das LG zu § 27 Abs. 1 WEG Recht, ginge es um eine Erweiterung. Diese muss genau bestimmt sein. Hier ist immer schlecht, zu bestimmen, der Verwalter habe sich mit den Verwaltungsbeiräten abzustimmen. Was soll damit angeordnet sein?
Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?
In jeder Wohnungseigentumsanlage sollte es ausnahmslos Beschlüsse nach § 27 Abs. 2 WEG geben, mit denen konkretisiert wird, was die Verwaltung darf und was nicht! Bei diesen Beschlüssen handelt es sich seit dem 1.12.2020 um ein "Must-have"!
6 Entscheidung
LG Dessau-Roßlau, Urteil v. 8.12.2022, 5 S 91/22