Normenkette

§ 23 Abs. 4 WEG, § 25 WEG

 

Kommentar

1.Stimmen die Wohnungseigentümer in der Versammlung mit Mehrheit für einen Antrag, ist ihnen aber bei der Abstimmung bewusst, dass einfache Stimmenmehrheit nicht ausreicht und lässt die Versammlungsniederschrift keinen Zweifel an der Ablehnung des Antrages offen, liegt in der Regel ein sog. Nichtbeschluss vor (wohl h.R.M., vgl. auch KG Berlin, NJW-RR 1992, 720).

Vorliegend ging es um die Beschlussfassung einer Nutzungszweckänderung eines bisher zu Bürozwecken genutzten Teileigentums nunmehr zu Wohnzwecken.

2. Für die Frage, ob ein Beschluss oder ein Nichtbeschluss vorliegt, kommt der Feststellung des Verwalters in der Versammlung oder in der Versammlungsniederschrift allerdings keine ausschlaggebende oder konstitutive Bedeutung zu.

3. Die Feststellung, ob ein Eigentümerbeschluss zustande gekommen ist und welchen Inhalt er hat, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die hierzu getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen nur beschränkt, nämlich auf Rechtsfehler nachprüfen.

4. Die Prüfung, ob ein Eigentümerbeschluss gefasst wurde, muss ebenso wie die Auslegung eines solchen Beschlusses nach objektiven Maßstäben vorgenommen werden. Dabei können auch Begleitumstände herangezogen werden, die in der Versammlungsniederschrift zum Ausdruck kommen (vgl. bereits BayObLG, WM 1997, 344). Im vorliegenden Fall ging aus der Versammlungsniederschrift nicht hervor, unter welcher Vorgabe der Versammlungsleiter den Abstimmungsvorgang veranstaltet hat. Ohne nähere Begründung sei das LG davon ausgegangen, es seien keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Eigentümer nicht bereits unter der Voraussetzung abgestimmt hätten, ein einstimmiger Beschluss im Sinne der Allstimmigkeit sei erforderlich; dem könne so nicht gefolgt werden.

5. Für das vorliegende Verfahren konnte es auf sich beruhen, ob die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum im Sinne einer materiellen Änderung der Zweckbestimmung als Regelung mit Vereinbarungscharakter anzusehen und damit hier nach einer Gemeinschaftsordnungsvereinbarung mit einer 3/4- Mehrheit vorgenommen werden konnte, oder ob die Änderung der Zweckbestimmung eine Änderung des dinglichen Rechtsaktes durch sämtliche Wohnungseigentümer und eine Eintragung in das Grundbuch ( §§ 877, 873 BGB) erforderte (vgl. hierzu im einzelnen BayObLGZ 1997, 233/236). Jedenfalls wäre im Hinblick auf den Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung die Annahme verfehlt, es habe für alle Beteiligten kein Zweifel daran bestehen können, für die beantragte Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum sei hier die Gemeinschaftsordnungs-Regelung nicht einschlägig. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Eigentümerbeschlusses bestanden ebenfalls nicht; er könne dahin ausgelegt werden, dass er eine Änderung der Nutzung zum Gegenstand habe.

6. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 30.000,- angeordnet.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 18.05.1998, 2Z BR 51/98)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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