Leitsatz

Vor Beschlussfassung über eine Sanierungsmaßnahme ist stets eine Bestandsaufnahme über Umfang der Schäden und der möglichen Verursachung erforderlich.

Der Verwalter ist verpflichtet, vor Durchführung notwendiger Instandhaltungsmaßnahmen Vergleichsangebote einzuholen.

Ein Wohnungseigentümer kann nicht verpflichtet werden, der Vergabe von Sanierungsarbeiten auf der Grundlage von Vergleichsangeboten zuzustimmen, die erst noch eingeholt werden müssen.

 

Normenkette

§§ 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2, 23 Abs. 2, 27 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WEG

 

Das Problem

  1. V lädt zu einer Versammlung der Eigentümer. Seiner Ladung ist die Tagesordnung der Versammlung in Form eines Protokollentwurfs beigefügt. Des Weiteren ist der Einladung eine Vollmacht beigefügt. Dort können die Wohnungseigentümer die zur Abstimmung stehenden Tagesordnungspunkte ankreuzen. Für TOP 10 ist allerdings keine solche Möglichkeit vorgesehen. In der Versammlung weist V zu TOP 10 darauf hin, dass die Abdichtung der Balkone sanierungsbedürftig sei. Er füge der Niederschrift ein Foto und einen Kostenvoranschlag der X-GmbH bei. Es sei von Gesamtkosten (inkl. Gerüst, Abbruch, Dachdecker- und Malerarbeiten) von ca. 6.900 EUR auszugehen. Zu TOP 10 wird dann wie folgt beschlossen:

    "Es wird beschlossen, die Sanierung der Balkone ... (die Balkone an der Straßenseite) zu beauftragen. Es soll noch von der Firma ... ein Kostenvoranschlag eingeholt werden. Es wird ein Holzbelag (witterungsbeständiges Holz) aus Kostengründen akzeptiert, sofern die jetzigen Höhen eingehalten werden können. Herr ... wird darüber hinaus auch einen Kostenvoranschlag einer regionalen Firma einholen. Die Vergabe erfolgt in Abstimmung mit dem Beirat. Die Finanzierung erfolgt aus der Rücklage."

  2. Wohnungseigentümer W ist der Auffassung, dass der Beschluss zu TOP 10 formal mangelhaft sei. Es habe an einer ordnungsgemäßen Einladung gefehlt, da sich aus der der Einladung beigefügten Vollmacht nicht ergeben habe, dass zu TOP 10 eine Abstimmung erfolgen sollte. Der Beschluss zu TOP 10 entspreche aber auch nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, da es sowohl an einer Bestandsaufnahme wegen des Zustands der straßenseitigen Balkone als auch an einem Sanierungskonzept fehle. Auch läge deshalb ein Verstoß gegen die ordnungsmäßige Verwaltung vor, weil zuvor nicht mehrere Alternativ- bzw. Konkurrenzangebote eingeholt worden seien.
 

Entscheidung

  1. Die Anfechtungsklage ist begründet. Formalen Bedenken begegne der Beschluss allerdings nicht. Gemäß § 23 Abs. 2 WEG sei sein Gegenstand bei der Einberufung korrekt bezeichnet worden. Ausreichend sei die Übersendung eines Protokollentwurfs gewesen, in dem unter TOP 10 die Beschlussfassung über die Sanierung der Balkone vorgesehen war. Dass die beigefügte Vollmacht keine Abstimmungsmöglichkeit im vorgedruckten Formular vorsah, sei daher unerheblich.
  2. Allerdings widerspreche der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung. Vor der Beschlussfassung über eine Sanierungsmaßnahme sei stets eine Bestandsaufnahme über Umfang der Schäden und der möglichen Verursachung erforderlich (Hinweis auf LG Düsseldorf v. 13.4.1999, 25 T 975/98, NZM 1999 S. 871). Des Weiteren sei der Verwalter im Rahmen seiner Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG verpflichtet, zunächst vor Durchführung entsprechender notwendiger Instandhaltungsmaßnahmen Vergleichsangebote einzuholen (Hinweis auf BayObLG v. 9.9.1999, 2Z BR 54/99, NZM 2000 S. 512). Dies sei hier nicht in ausreichendem Maße geschehen. Bei der Beschlussfassung habe erst ein Angebot vorgelegen, 2 weitere sollten eingeholt werden. Ein Wohnungseigentümer könne indessen nicht verpflichtet werden, der Vergabe von Sanierungsarbeiten auf der Grundlage von Vergleichsangeboten zuzustimmen, die erst noch eingeholt werden müssen (Hinweis auf BayObLG v. 26.1.1999, 2Z BR 130/98, NZM 1999 S. 767). Darüber hinaus fehle es auch an einer konkreten Bezeichnung im Beschluss, welche einzelnen Maßnahmen im Rahmen der Sanierung ergriffen werden sollen. Auch dies wäre im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung erforderlich gewesen, damit die einzelnen Eigentümer Art und Umfang bzw. voraussichtliche Kosten der Maßnahme abschätzen können, zumal, neben dem Kosteninteresse, auch ein Interesse der Eigentümer daran bestehe, zu wissen, welche Art von Arbeiten ausgeführt werden. Schließlich habe die letztendliche Auftragsvergabe nicht dem Verwaltungsbeirat übertragen werden dürfen. Die Wohnungseigentümer seien nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG für die Durchführung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen selbst zuständig und müssten gemäß § 21 Abs. 3 WEG durch Mehrheitsbeschluss darüber entscheiden, welche Arbeiten ausgeführt werden (BayObLG v. 17.10.2002, 2Z BR 82/02, NZM 2003 S. 31). Der Verwalter sei dagegen gem. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG verpflichtet, die Wohnungseigentümer über erforderliche Maßnahmen zu unterrichten und einen entsprechenden Beschluss auszuführen.
 

Kommentar

Anmerkung:

Die Entscheidung zeigt sehr gut auf, wie ein "sauberes" Instandhaltungs- und ...

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