Normenkette

§ 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG

 

Kommentar

Eine Gemeinschaft hatte beschlossen, eine Rücklage in Höhe von knapp DM 84.000,- bis auf knapp DM 400,- aufzulösen. Alle Instanzen erklärten auf Anfechtung hin diesen Beschluss für ungültig, d. h. den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechend. § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG schreibe bindend vor, dass es Gebot des Grundsatzes ordnungsgemäßer Verwaltung sei, eine angemessene Instandhaltungsrückstellung zu bilden. Die durch die Bildung der Rücklage geschaffene Bindung, das Geld zur Instandsetzung der Anlage zu verwenden, könnten die Eigentümer daher nachträglich nicht wieder aufheben (OLG Frankfurt, MDR 1974, 848); die für diese Anlage beinahe als vollständig zu bezeichnende Auflösung der Rücklage komme einer restlosen Auflösung gleich und entspreche daher nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Dabei könne auch nicht berücksichtigt werden, dass für das damals laufende Wirtschaftsjahr gleichzeitig eine neue Rücklage von DM 15.000,- beschlossen worden sei; zum einen könnten solche späteren Vorgänge die inhaltliche Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Beschlusses nachträglich nicht heilen; zum anderen könnte eine solche Tatsache es allenfalls rechtfertigen, die laufenden Beiträge zur Rücklage zu vermindern oder die schon vorhandene Rücklage auf eine angemessene Höhe zurückzuführen. Die restlose Auflösung in der Erwartung, die Beiträge zur neuen Rücklage würden rechtzeitig und in der im Wirtschaftsplan geforderten Höhe regelmäßig eingehen, widerspreche jedenfalls auch Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 02.07.1990, 24 W 6449/89)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Betrachtet man allein den im Sachverhalt dieser Entscheidung dargestellten Hintergrund des Verfahrens, wird das Entscheidungsergebnis grundsätzlich zu bejahen sein, eine in einer Gemeinschaft angesparte Rücklage nicht ohne weiteres so gut wie vollständig auflösen zu können. Die Zweckbindung eines solchen gemeinschaftlichen Vermögens soll ja notwendige Eilsanierungen und kontinuierliche Zustandhaltungen sowie Großinstandsetzungen in einer Gemeinschaft finanziell absichern und möglicherweise nur durch Sonderumlagebeschlussfassungen korrigierbare Liquiditätsprobleme verhindern helfen.

Allerdings ist m. E. die Bindung eines solchen Vermögens nicht so streng aufzufassen, dass generell Auseinandersetzungsbeschlüsse zu verneinen wären (dies wurde jedoch auch vom KG Berlin in diesem konkreten Fall offensichtlich nicht infrage gestellt). Wenn nämlich eine Gemeinschaft die Entscheidungskompetenz über die Höhe eines Rückstellungsvermögens besitzt, muss sie auch als berechtigt angesehen werden, zu hohes angespartes Vermögen zumindest auch wieder teilauseinandersetzen (d. h. ausschütten) zu dürfen. Eine "Thesaurierung" oder bestimmte Ansparhöhe fordert das Gesetz nicht im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung des Gemeinschaftseigentums.

Ob allerdings im vorliegenden Fall nicht doch die neuerliche, weitere Beschlussfassung über die Bildung einer Rücklage in reduzierter Höhe entscheidender hätte mit berücksichtigt werden müssen, bleibt doch zu fragen. Vermutlich verfolgte im vorliegenden Fall die Auflösung der Rücklage den primären Zweck, eine Aufrechnungsmöglichkeit gegenüber einem wohngeldsäumigen Eigentümer zur Egalisierung seiner Wohngeldrückstände zu schaffen, vielleicht auch den weiteren Zweck, über neuerliche Beschlussfassung (auf erneute Rücklagenbildung) Rechtsnachfolger mit in die Kostenverantwortung zu ziehen. U.U. wollte hier der Senat mit dem Hinweis "sachfremder Erwägungen" am Ende der Gründe eine solche Vorgehensweise missbilligen. Trifft diese Vermutung zu, muss m. E. ein solches Beschlussverhalten einer Gemeinschaft nicht unbedingt als "sachfremd" zu bezeichnen sein, wenn nur auf diese Weise zugunsten der Gesamtgemeinschaft Wohngeldrückstände egalisiert und ausgeschlossen werden können. [Die h.M toleriert solche "trickreichen", mehr oder weniger manipulierten Umgehungsversuche allerdings bisher nicht].

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