Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Anspruch eines Eigentümers auf Erhebung einer zusätzlichen Sonderumlage in allen drei Instanzen zurückgewiesen!
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 21 WEG, § 28 WEG
Kommentar
1. Nach unbestrittener Konkurseinstellung mangels Masse gegen einen Wohngeldschuldner (mit rückständiger Schuld von noch DM 2.873,-) beantragte ein anderer Eigentümer zum Ausgleich des rückständigen Wohngeldes die Erhebung einer Sonderumlage; er widersprach damit gleichzeitig dem Zugriff der Gemeinschaft auf eine vorhandene Instandhaltungsrücklage (von zur Zeit DM 12.000,-) zu Ausgleichszwecken. Seine Anträge wurden in allen drei Instanzen zurückgewiesen (!).
2. Der Senat stellte hierzu fest:
Ist abzusehen, dass Ansprüche aus rückständigem Wohngeld gegen den betreffenden Eigentümer-Schuldner nicht realisierbar sind, wird die Erhebung einer Sonderumlage als eines Nachtrags zum Jahreswirtschaftsplan grundsätzlich der dem Interesse der Gesamtheit der Eigentümer nach billigem Ermessen entsprechende Weg sein, die zur Deckung beschlossener Ausgaben der Gemeinschaft oder zur Tilgung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten erforderlichen Einnahmen zu sichern (BGHZ 108, 44, 47). Dies bedeutet indessen nicht, dass es sich stets um die einzige Möglichkeit der Gemeinschaft handelt, sich die erforderlichen finanziellen Mittel zu verschaffen. Ein Verwalter darf zwar nicht eigenmächtig Wohngeldrückstände aus der Rücklage ausgleichen, wohl kann dies aber die Gemeinschaft über entsprechende Beschlüsse erreichen und unter Verwendung von Rücklage- Mitteln die Erhebung einer Sonderumlage vermeiden; dies genügt dann, um dem Anspruch des Antragstellers die Grundlage zu entziehen.
Insoweit wird auch nicht gegen andere Entscheidungsergebnisse und Rechtsmeinungen verstoßen. Wohngeldfehlbeträge eines Eigentümers dürfen z.B. nicht unter Verrechnung mit seinem Guthabensanteil an der Rückstellung ausgeglichen werden (OLG Hamm, NJW-RR 91, 212, 213). Daraus folgt, dass ein gemeinschaftliches Rückstellungsvermögen von allen und für alle Eigentümer gemeinsam zu den Zwecken zu verwenden ist, für die es beschlossen und angesammelt worden ist. Im übrigen ist eine Rückstellung zweckgebunden; ihr Guthaben darf nicht zum Ausgleich anderer Verbindlichkeiten verwendet werden (h.R.M.). § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG verlangt allerdings nur die Ansammlung einer "angemessenen" Rückstellung, wobei sich die Angemessenheit nach den konkreten Verhältnissen der jeweiligen Anlage beurteilt; dabei können Zustand und Alter der Anlage sowie Reparaturanfälligkeit eine Basis der Prognose sein. Hat der Betrag der Rückstellung die - nach diesen Kriterien aufgrund sachgemäßen Ermessens der Eigentümer zu bestimmende - angemessene Höhe überschritten, können die Eigentümer (vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung) beschließen, eine vorhandene Instandhaltungsrückstellung wieder aufzulösen (Bärmann/Pick/Merle, § 21 Rn. 167). Solange dies nicht zur Unterschreitung der entsprechenden Sicherheit führt, bedarf es dafür, ebenso wie für die Regelung der Höhe selbst, lediglich eines Mehrheitsbeschlusses (a.A. Bärmann/Pick/Merle), weil eine ordnungsgemäße Verwaltung, von der mit Mehrheitsbeschluss nicht abgewichen werden darf, nur das Vorhalten einer Instandhaltungsrückstellung in angemessener Höhe verlangt.
Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass hier die Rücklage auch noch angemessen hoch erscheint, wenn sie - in Höhe der Wohngeldrückstände des Schuldners - aufgelöst und die den Wohnungseigentümern sodann zustehenden anteiligen Guthaben zu deren Ausgleich eingesetzt werden.
Aus diesem Grund konnte die Gemeinschaft durch Beschluss die Rückstellung hier zu einem Teilbetrag auflösen und die dadurch entstehenden Guthaben der Eigentümer für einen vorläufigen Ausgleich der Fehlbeträge einsetzen, so dass dann dem Antragsteller auch kein Anspruch auf Erhebung einer gesonderten zusätzlichen Sonderumlage zustand.
3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung zu Lasten des Antragstellers im Rechtsbeschwerdeverfahren aufgrund offenkundiger und erkennbarer Aussichtslosigkeit seiner Rechtsbeschwerde bei Gegenstandswert des Verfahrens in Dritter Instanz von DM 2.873,36.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.04.2001, 3 Wx 7/01( Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss v. 20. 7. 1998, Az.: 5 W 110/98 - 35 -)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Dieses Entscheidungsergebnis erscheint mir mehr als fragwürdig. Ein Rückstellungsvermögen - egal in welcher Höhe - ist zunächst einmal streng zweckgebunden und dient ausschließlich als Sondervermögen der Gemeinschaft u.U. rasch erforderliche Sanierungen gemeinschaftlicher Bauteile, Einrichtungen und Anlagen. Ein solches Rücklagevermögen ist damit auch keine irgendwie geartete Kreditreserve (auch nicht teilweise), um allgemeine Bewirtschaftungskosten auszugleichen oder uneinbringliche Wohngeldrückstände abzudecken. Liquiditätsengpässe einer Gemeinschaft durch Wohngeldzahlungsausfälle einzelner Eigentümer sind anderweit auszugleichen als unmittelb...