Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 10 Abs. 1 S. 1 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, § 45 Abs. 2 WEG, §§ 741ff. BGB, § 744 Abs. 2 BGB, § 309 ZPO
Kommentar
1. Jeder ideelle Miteigentümer einer Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741ff. BGB als Sondereigentümer kann für sich einen Beschlussanfechtungsantrag stellen (hier: Anfechtung eines Heizungsmodernisierungsbeschlusses). Dieses Recht ergibt sich aus § 10 Abs. 1 S. 1 WEG i.V.m. den §§ 1011, 744 Abs. 2 BGB (h. M.). Bei solcher Vorgehensweise eines Mitgliedes der Bruchteilsgemeinschaft ist von einer gesetzlichen Prozessstandschaft auszugehen, die es jedem Mitglied der Untergemeinschaft erlaubt, deren Rechte auch gerichtlich geltend zu machen. Falls andere Mitglieder einer solchen Untergemeinschaft sich einem Anfechtungsantrag nicht binnen Monatsfrist angeschlossen haben, besitzen sie später allerdings kein eigenes Anfechtungs- und Beschwerderecht mehr (BGH, NJW 93, 662 = WM 93, 146). Sowohl die Mitglieder der Untergemeinschaft wie auch die anderen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft sind an gerichtliche Entscheidungen über Beschlussanfechtungen gebunden ( § 45 Abs. 2 S. 2 WEG). Ob hier bei Vorgehen nur eines Mitgliedes einer Untergemeinschaft die übrigen Mitglieder notwendig auf die Antragsgegnerseite gehören (so wohl Sauren, WE 92, 40), erscheint dem Senat von untergeordneter Bedeutung, da nach seiner Auffassung es zwar in Beschlussanfechtungsverfahren nach WEG andere Beteiligte gibt, aber keine Antragsgegner im förmlichen Sinne; ein solches Beschlussanfechtungsverfahren sei ein dem Normenkontrollverfahren ähnliches Verfahren, das sich mit der Kontrolle von Gemeinschaftsbeschlüssen befasst, aber nicht gegen irgendwelche anderen Beteiligten, erst recht nicht die vom Antragsteller etwa herausgegriffenen anderen Wohnungseigentümer, richtet, sondern allenfalls gegen die Gemeinschaft als Ganzes. Offenbleiben könne in diesem Zusammenhang i. Ü., ob sich rechtlich etwas anderes ergebe, wenn die Untergemeinschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts darstellen sollte (vgl. hierzu BayObLG, NJW-RR 91, 215 mit kritischer Anmerkung Sauren).
2. Im wohnungseigentumsgerichtlichen Verfahren muss die Entscheidung nach mündlicher Verhandlung nicht von den Richtern getroffen werden, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben. § 309 ZPO ist in Wohnungseigentumssachen nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar. Ein etwaiger Richterwechsel zwischen Verhandlung und Entscheidung ist daher verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
Auch ein größerer Zeitraum (hier: über 10 Monate) zwischen mündlicher Verhandlung und Beschlussfassung des Gerichts begründet für sich keinen verfahrensrechtlichen Mangel der angefochtenen Entscheidung.
In einer richterlichen Entscheidungsbegründung muss auch nicht auf alle Einzelheiten eingegangen werden. Auch wenn nicht auf alle vorgetragenen Streitpunkte Bezug genommen wird, ist dies noch nicht dem Fehlen von Gründen gleichzusetzen.
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswertansatz von DM 8.600,-.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 05.05.1993, 24 W 3913/92)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
Die Entscheidung zum Beschlussanfechtungsrecht eines Bruchteilsmiteigentümers deckt sich auch mit der Meinung des BayObLG (vgl. BayObLG vom 19. 4. 1982, DWE 3/82, 99). Gehört Wohnungseigentum demgegenüber einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kann ein einzelner Gesellschafter grundsätzlich nach Meinung des BayObLG nicht allein Beschlüsse anfechten ( BayObLG, Entscheidung vom 27. 9. 1990, Az.: BReg 2 Z 47/90 mit diesseitiger Anmerkung = NJW-RR 91, 215).
Dass es im Beschlussanfechtungsverfahren keine Antragsgegner im förmlichen Sinne geben soll - wie das KG in mehrfachen Entscheidungen meint -, erscheint mir jedoch nach wie vor nicht voll überzeugend und entspricht wohl auch nicht anderweitiger obergerichtlicher Spruchpraxis (unabhängig vom Grundsatz des § 45 Abs. 2 WEG).