Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsbefugnis in Wohnungseigentumssachen. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
1. Jeder ideelle Miteigentümer einer Wohnungseigentumseinheit kann für sich einen Beschlußanfechtungsantrag stellen.
2. In Wohnungseigentumssachen muß die Entscheidung nach mündlicher Verhandlung nicht von den Richtern getroffen werden, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben.
3. Auch ein größerer Zeitraum (hier: über 10 Monate) zwischen mündlicher Verhandlung und Beschlußfassung begründet für sich keinen Mangel der angefochtenen Entscheidung.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 4, § 43
Beteiligte
weitere Beteiligte wie aus dem Beschluß des Amtsgerichts Schöneberg vom 5. Dezember 1989 – 76 II 313/89 – ersichtlich |
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 313/89) |
LG Berlin (Aktenzeichen 150 T 3/90) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 8.600,00 DM festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin ist gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn Eigentümerin der im Erdgeschoß Mitte gelegenen Wohnung Nr. 5. Unter dieser Wohnung liegt die bereits in den Jahren 1958/59 installierte Heizungsanlage. Das von dieser Anlage ausgehende Geräusch war bereits mehrfach Gegenstand gerichtlicher Verfahren und von Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft. Mit 10 Ja-Stimmen gegen 2 Nein-Stimmen beschloß die Eigentümergemeinschaft in der Versammlung vom 20. Juli 1989 zu TOP 1 eine umfassende Erneuerung/Modernisierung der Heizungsanlage einschließlich eventueller Schornstein-Querschnitts-Verkleinerung sowie bestimmter Schallschutzmaßnahmen für Gesamtkosten von maximal 38.000,00 DM. Den Beschlußanfechtungsantrag der Antragsteller in hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 5. Dezember 1989 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Erstbeschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht nach einer mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 1991, in der beide Verfahrensbevollmächtigte um eine angemessene Erklärungsfrist gebeten hatten, durch Beschluß vom 27. Mai 1992 zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin bleibt erfolglos.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere ist die Rechtsmittelbeschwer gemäß § 45 Abs. 1 WEG erreicht. Das Rechtsmittel ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluß nicht auf.
Die Antragsteller in beanstandet, daß der angefochtene Beschluß vom 27. Mai 1992 unter Mitwirkung einer Richterin gefaßt worden sei, die nicht an der mündlichen Verhandlung am 17. Juli 1991 teilgenommen hat, während der dritte Richter, der an der mündlichen Verhandlung beteiligt war, nicht an der Beschlußfassung mitgewirkt hat. Entgegen § 44 Abs. 1 WEG werde damit unzulässigerweise in einem rein schriftlichen Verfahren entschieden. Das begründet jedoch keinen Mangel (vgl. BayObLGZ 1990, 173; WE 1992, 49; Jansen, FGG 2. Auflage, vor §§ 8 – 18, Rdnr. 28, 29; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 13. Auflage, vor §§ 8 – 18, vor Bemerkung 10, 10 a). Es ist nicht verfahrensfehlerhaft, wenn nicht alle Richter, die an der instanzbeendenden Entscheidung mitgewirkt haben, auch an der mündlichen Verhandlung in diesem Rechtszug teilgenommen haben. Die Vorschrift des § 309 ZPO, wonach das Urteil nur von denjenigen Richtern gefällt werden darf, welche der dem Urteil zugrundeliegenden Verhandlung beigewohnt haben, ist in Wohnungseigentumssachen nicht, auch nicht entsprechend anwendbar. Auch wenn im erst- und zweitinstanzlichen Wohnungseigentumsverfahren mit den Beteiligten gemäß § 44 Abs. 1 WEG regelmäßig mündlich verhandelt werden soll, wovon nur in besonderen, eng umgrenzten Ausnahmefällen abgesehen werden darf (vgl. BayObLG NJW-RR 1988, 1151 und WM 1988, 329), hat die mündliche Verhandlung in Wohnungseigentumssachen nicht die gleiche Funktion wie im Zivilprozeß, in dem die mündliche Verhandlung im Normalfall (§ 128 Abs. 1 ZPO) obligatorisch ist und nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden können (§ 296 a ZPO). Demgegenüber gelten in Wohnungseigentums verfahren vorrangig die FGG-Vorschriften, die eine derartige strenge Konzentration auf die mündliche Verhandlung nicht kennen. Schriftsätzliches Vorbringen der Beteiligten ist vielmehr in jedem Fall zu berücksichtigen, auch wenn es erst nach der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingeht (BayObLGZ 1988, 436/439). Ein Richterwechsel zwischen Verhandlung und Entscheidung ist daher verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Antragstellerin rügt weiter, daß der angefochtene Beschluß des Landgerichts nicht mit Gründen im Sinne des Gesetzes versehen sei, erst mehr als zehn Monate nach der mündlichen Verhandlung erlassen worden ist und s...