Leitsatz

  • Grundsätzliche Beschlussanfechtungsberechtigung auch bei Zustimmung zu einem Beschlussantrag

    Abrechnungserzwingung und Entlastung des Verwalters nicht durch Mehrheitsbeschluss auf Beirat übertragbar !

    Gültigkeit einer Abrechnungsfiktionsvereinbarung konnte unentschieden bleiben (trotz angedeuteter Zweifel)

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1, 3 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 28 Abs. 5 WEG

 

Kommentar

1. Einem Wohnungseigentümer, der in einer Versammlung für einen Antrag gestimmt hat, ist es grundsätzlich nicht verwehrt, den auch mit seiner Stimme zustande gekommenen Eigentümerbeschluss anzufechten (h. R. M.).

Dieser Grundsatz schließt allerdings nicht aus, dass die Geltendmachung des Anfechtungsrechtes im Einzelfall rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sein kann, so z. B., wenn sie nur auf einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften gestützt wird, und dieser Verstoß dem zustimmenden und später anfechtenden Eigentümer schon in der Versammlung bekannt war. Die wohl eine andere Meinung vertretende Entscheidung des OLG Stuttgart (OLGZ 1976, 8/10) beruhte i. ü. nicht auf einer Beurteilung dieser Rechtsfrage, sodass eine Vorlage zum BGH nicht für erforderlich angesehen wurde.

2. In der Sache selbst ging es um einen Beschluss, die Entlastung des Verwalters bezüglich der Abrechnung dem Verwaltungsbeirat zu übertragen. Dieser Beschluss sei seinem vollen Inhalt nach für ungültig zu erklären, da er entweder gegen das Gesetz oder gegen die Gemeinschaftsordnung verstoße. Kraft Gesetzes hätten Eigentümer in ihrer Gesamtheit über Jahresabrechnung und Entlastung des Verwalters zu entscheiden, sodass eine Übertragung dieser Rechte mangels Vereinbarung auf den Verwaltungsbeirat nicht möglich sei.

3. Wenn überdies in einer Gemeinschaftsordnung vereinbart sei, dass eine vom Verwalter übermittelte Jahresabrechnung "als genehmigt gelte, wenn der Sondereigentümer nicht innerhalb von 2 Wochen nach Absendung begründeten Widerspruch schriftlich eingelegt habe", so würde sich selbst bei Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung die Ungültigkeit des Beschlusses aus einem Verstoß gegen diese Vereinbarung ergeben. Aus diesem Grund könne die Frage der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer solchen Fiktionsvereinbarung dahingestellt bleiben; zwar werde eine solche Fiktion von der h. R. M. grundsätzlich für zulässig gehalten; allerdings müsse doch gefragt werden, ob eine solche Vereinbarung nicht gegen wesentliche Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts, nämlich die einheitliche, für alle Wohnungseigentümer verbindliche Feststellung der Abrechnungsgrundlagen und damit die gleichmäßige Behandlung aller Wohnungseigentümer verstoße und deshalb gemäß § 242 BGB unwirksam sei, wobei im vorliegenden Fall noch die sehr kurze Einspruchsfrist von 2 Wochen dazukomme, die obendrein nicht ab Zustellung, sondern ab Absendung der Jahresabrechnung berechnet werde und das Risiko der Verspätung oder des Verlustes den Wohnungseigentümern überbürde.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 07.04.1988, BReg 2 Z 156/87).

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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