Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 10 Abs. 2 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 138 Abs. 1 BGB, § 284 BGB, § 288 BGB
Kommentar
1. In einer Teilungserklärung war u.a. vereinbart, dass "bei Verzug von über 7 Tagen Wohngeldrückstände mit 2% über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank jährlich zu verzinsen sind, soweit dies die Eigentümergemeinschaft mit einfacher Mehrheit beschließt". In einer Eigentümerversammlung beschlossen die Eigentümer u.a. einstimmig (jedoch nicht in Anwesenheit sämtlicher Eigentümer), dass "die gesamte restliche Wohngeldschuld aus einem Jahreswirtschaftsplan fällig wird, wenn ein Wohnungseigentümer mit seinen monatlichen Vorauszahlungen zwei Monate in Rückstand ist und dass Zahlungsrückstände aus Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung - abweichend von der vorzitierten Regelung in der Teilungserklärung - mit 1,5% je angefangenem Monat verzinst werden".
Dieser Beschluss wurde nicht angefochten.
2. Eine Teilungserklärung kann in der Regel nur durch Vereinbarung aufgehoben oder geändert werden ( § 10 Abs. 2 WEG); erforderlich ist also grundsätzlich die Zustimmung aller Eigentümer hierfür; eine Beschlussfassung der in der Versammlung anwesenden Eigentümer reicht nicht aus.
Allerdings folgt hieraus nur die Anfechtbarkeit solcher auf Änderung der Teilungserklärung abzielender Beschlüsse, nicht jedoch, dass solche Beschlüsse wegen Überschreitung der Regelungskompetenz der Eigentümergemeinschaft nichtig sind (h.M., vgl. Staudinger-Bub 1997, § 28 Rn. 74; neue Literaturmeinung seit Oktober 1999 einschränkend!). Nichtig und damit ohne Bindungswirkung sind solche Beschlussfassungen nur, soweit sie gegen unverzichtbare Rechtsvorschriften verstoßen oder in den dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums eingreifen, insbesondere auf Änderung der Eigentumsverhältnisse gerichtet sind (ebenfalls h.M.). Die hier beschlossene Fälligkeits- und Verzugszinsregelung berührt indes weder den dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums, noch verstößt sie gegen zwingende Rechtsvorschriften des WEG. Eine beschlossene Zinshöhe von 1,5% pro Monat (= 18% Jahreszinsen) liegt auch nicht so erheblich über dem üblichen Zinsniveau, dass an einen Verstoß gegen die guten Sitten zu denken wäre ( § 138 Abs. 1 BGB). Dies gilt umso mehr, als nicht ein individuelles wirtschaftliches Interesse den Grund für den relativ hohen Verzugszins bildet, sondern das berechtigte Anliegen der Eigentümer, auf die pünktliche Zahlung des Wohngelds hinzuwirken, um den jeweiligen Finanzbedarf der Gemeinschaft zu decken.
Überdies bestimmte der Eigentümerbeschluss zusätzlich, dass etwaige Verzugszinszahlungen der Rücklagezuzuführen seien, womit sie letztlich allen Eigentümern entsprechend ihren Anteilen zugute kämen.
3. Da der in Rede stehende Beschluss also nicht nichtig war und von Gegnerseite auch nicht angefochten wurde, erlangte er auch für die überstimmte Minderheit (und damit auch für den Wohngeldschuldner) mangels Einstimmigkeit (Vereinbarung) im Sinne einer Ersatzvereinbarung Verbindlichkeitswirkung (BGH, WE 95, 183, BGHZ 54, 65; BayObLG WE 97, 266; Senat MittrhNotK 96, 261).
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in Dritter Instanz bei Wert des Beschwerdegegenstandes von DM 6.000.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.1998, 3 Wx 10/98)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer