Leitsatz

  1. Ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechender Sonderumlagebeschluss (weiter Ermessensspielraum der Gemeinschaft)
  2. Ausreichender Beschlussgegenstandsbeschrieb (TOP) in der Einladung
  3. Kein Stimmrechtsausschluss majorisierender Miteigentümer (zweier Immobiliengesellschaften) zur Sonderumlagebeschlussfassung bezüglich öffentlich geförderter umfangreicher Sanierungsmaßnahmen mit Vorfinanzierungspflicht der Gemeinschaft
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 2, Abs. 4, 23 Abs. 2, 24, 25 Abs. 5, 28, 46 Abs. 1 Satz 2 WEG

 

Kommentar

  1. Mit öffentlich-rechtlicher Förderung wurde in der Gemeinschaft eine umfangreiche Sanierung vorgenommen, wobei Auszahlung der letzten Fördermittel noch von einem Abschluss der Sanierung abhängig war. Aus diesem Grund wurde zunächst eine früher beschlossene, in Raten zu zahlende Sonderumlage durch Beschluss sofort fällig gestellt und nachfolgend in einer außerordentlichen Eigentümerversammlung eine weitere Sonderumlage beschlossen, um die Finanzierungslücke zu schließen. Die Sanierung wurde anschließend termingerecht abgeschlossen, die restlichen Fördergelder wurden ausbezahlt.

    Ein klagender Miteigentümer hatte den zuletzt gefassten Sonderumlagebeschluss angefochten, blieb allerdings in allen Instanzen ohne Erfolg.

2. a) Zunächst stellte der BGH fest, dass das Berufungsgericht keine Revision hätte zulassen dürfen, weil es an den Zulassungsgründen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO fehlte; allerdings ist die erfolgte Zulassung für den Senat bindend (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
2. b) Der Beschlussgegenstand war vorliegend gemäß § 23 Abs. 2 WEG ausreichend in der Einladung bezeichnet. Grund dieser Regelung ist nach h.M., dass der Eigentümer die Möglichkeit haben soll, sich anhand der Tagesordnung auf die Versammlung vorzubereiten und entscheiden zu können, ob er daran teilnehmen wolle. Die Eigentümer sollen verstehen und überblicken können, was in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert und beschlossen werden soll und welche Auswirkungen ein vorgesehener Beschluss insoweit auf die Gemeinschaft und sie selbst hat; deshalb reicht regelmäßig schlagwortartige Bezeichnung aus (vgl. u.a. etwa OLG Düsseldorf, NJW-RR 2002 S. 83). Vorliegend war allen Eigentümern klar, dass die neuerliche Sonderumlage zur Sicherung der Sanierung und der Bewirtschaftung der Anlage notwendig war. Im Einzelfall kann es erforderlich sein, dass ein Verwalter einer Einladung noch weitere Informationsunterlagen zur Verfügung stellen muss, um den Eigentümern inhaltliche Befassung mit einem Beschlussgegenstand zu ermöglichen, da mit einer solchen Umlage der geltende Wirtschaftsplan geändert wird. Wann dies der Fall ist, muss allerdings nicht allgemein entschieden werden, wenn – wie hier – die Eigentümer bereits ausreichend durch die Einladung informiert sind und die Sonderumlageproblematik bereits aus früheren Beschlüssen kennen.
2. c) Eine solche neuerliche Sonderumlagebeschlussfassung ist am Maßstab ordnungsgemäßer Verwaltung zu messen. Erweisen sich Ansätze im Wirtschaftsplan als unrichtig, werden sie durch neue Tatsachen überholt oder kann ein Sanierungsplan aus anderen Gründen nicht durchgeführt werden, besitzen Eigentümer ein weites – neuerliches – Ermessen. Eine Sonderumlage muss sich am Zweck ausrichten, der mit der Sonderumlage verfolgt wird und auch an dem dafür bestehenden Kapitalbedarf. Die Umlagehöhe können die Eigentümer großzügig bemessen (vgl. auch KG, NJW-RR 1995 S. 397); zu berücksichtigen sind dabei auch zu erwartende Zahlungsausfälle von Eigentümern (h.M.).
2. d) Vorliegend war die Sonderumlagebeschlussfassung erforderlich, da sich aus unstreitiger Erklärung der fördernden Stadt ergab, dass die Gemeinschaft einen Teil der Förderungsmittel nur erhalten könne, wenn sie die Sanierung vorfinanziert habe. Dass hier allein Mehrheitseigentümer vorfinanzieren hätten müssen, bedurfte keiner Entscheidung, da insoweit schlüssiger Klägervortrag fehlte, ebenso solcher, wie etwa anderweitig die Finanzierungslücke hätte geschlossen werden können.
2. e) Die Mehrheitseigentümer (beide Immobiliengesellschaften) durften auch mitstimmen. Ausgeschlossen war der Kläger allerdings mit seinem Hinweis auf ein Stimmrechtsverbot nach § 25 Abs. 5 WEG nicht, da er in der Klage bereits fristgemäß im Kern diesen Anfechtungsgrund zu § 25 Abs. 5 WEG benannte (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Allerdings war von keinem rechtsmissbräuchlichen Stimmverbot im Sinne der BGH-Entscheidung v. 19.9.2002 (BGHZ 152 S. 46/61/62) auszugehen, also von keinem Verstoß gegen die Pflicht der Eigentümer zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gemeinschaft oder der Absicht, sich unangemessene Vorteile durch einen solchen Beschluss zu verschaffen.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 13.1.2012, V ZR 129/11

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