Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Unter § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG fällt auch der Antrag, festzustellen, dass ein Eigentümerbeschluss mit einem bestimmten (in der Versammlungsniederschrift protokollierten) Inhalt nicht zustande gekommen ist. Offen bleibt, ob ein solcher Antrag der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG unterliegt. Ein Antrag auf Ungültigerklärung des in der Niederschrift ausgewiesenen Beschlusses kann im Einzelfall in einen Antrag auf Feststellung, dass ein Beschluss zu diesem Tagesordnungspunkt nicht zustande gekommen ist, umgedeutet werden; er setzt entsprechend § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse an der Feststellung voraus.
Fakten:
Das vom Verwalter erstellte und unterzeichnete Protokoll einer Wohnungseigentümerversammlung weist mehrere Beschlüsse aus, die nach Meinung eines Wohnungseigentümers nicht mit dem in der Versammlungsniederschrift protokollierten Inhalt zustande gekommen seien. Der Wohnungseigentümer hatte demnach diese Beschlüsse angefochten. Für die Frage nun, ob und mit welchem Inhalt ein Beschluss zustande gekommen ist, kommt es alleine auf das tatsächliche Geschehen an und nicht darauf, was die Niederschrift enthält. Die Feststellung der Beschlüsse im Versammlungsprotokoll dient nämlich lediglich der Beweissicherung, die Urkunde selbst besitzt jedoch keine gesetzliche Beweiskraft für die Richtigkeit ihres Inhalts, sondern beweist nur die Urheberschaft. Sie stellt mithin nur eine Privaturkunde i.S.d. § 416 ZPO dar. Rechtlich liegen so Nichtbeschlüsse zu den angefochtenen Tagesordnungspunkten vor, da es an konstitutiven Voraussetzungen für einen Beschluss - Abstimmung und Verkündung - fehlte. Solche Nichtbeschlüsse entfalten keine Rechtswirkungen, sondern können "nur" den Rechtsschein eines wirksamen Beschlusses erzeugen. Da tatsächlich insoweit keine Beschlüsse vorliegen, können diese zwar nicht für ungültig erklärt werden. Dass der innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG gestellte Antrag auf Ungültigerklärung gerichtet ist, steht jedoch der Feststellung, dass solche Beschlüsse nicht zustande gekommen sind, nicht entgegen, wenn dessen Umdeutung in einen Feststellungsantrag möglich ist.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 26.06.2006, 34 Wx 003/06
FAZIT:
Immer wieder kommt es insbesondere bei rechtlichem Eigeninteresse des Verwalters vor, dass Beschlüsse protokolliert werden, die mit dem protokollierten Inhalt gar nicht gefasst wurden. In aller Regel werden dann auch die entsprechenden tatsächlich gefassten Beschlüsse vom Verwalter in der Versammlung nicht ordnungsgemäß verkündet, sodass rechtlich Nichtbeschlüsse vorliegen. Nun ist die Abgrenzung Nichtbeschluss/anfechtbarer Beschluss für rechtlich nicht vorgebildete Wohnungseigentümer vereinzelt schwierig vorzunehmen. In aller Regel werden Beschlüsse daher angefochten, obwohl ein Feststellungsantrag das richtige Mittel wäre. In Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung hat das OLG München hier erneut bestätigt, dass in derartigen Fällen ein Anfechtungsantrag in einen entsprechenden Feststellungsantrag umgedeutet werden kann.