Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 24 Abs. 2 WEG, § 27 Abs. 3 WEG, § 32 FGG
Kommentar
1. Beruft ein Eigentümer, dessen Bestellungszeit als Verwalter abgelaufen ist, eine Eigentümerversammlung ein, begründet dieser Einberufungsmangel lediglich die Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse [ebenso BayObLG, Entscheidung vom 02.04.1992, Az.: 2Z BR 4/92= WM 6/92, 331].
Die von Pick in Bärmann/Pick/Merle (6. Aufl., § 24 Rnr. 6) geäußerte Auffassung, ein Beschluss einer Versammlung, die von einem dazu nicht Berechtigten einberufen worden sei, sei schlechthin unwirksam (aus Gründen gebotener Rechtssicherheit), könne insoweit nicht gefolgt werden, da diese Auffassung nicht mit § 23 Abs. 4 WEG zu vereinbaren sei. § 24 Abs. 2 WEG sei keine zwingende gesetzliche Vorschrift, sodass ein Verstoß hiergegen nicht zu einer Beschlussnichtigkeit führe (so auch h. R. M.). Einberufungsmängel begründeten nur eine Beschlussanfechtbarkeit (ebenso schon OLG Hamm vom 20. 11. 1989 - 15 W 308/89 -). Die von Pick hervorgehobenen Gründe der Rechtssicherheit träfen sachlich nur dann zu, wenn eine Einberufung zu einer Versammlung überhaupt fehle, da dann nicht von einer Eigentümerversammlung im Sinne des Gesetzes gesprochen werden könne und dort getroffene Entscheidungen als Nichtbeschlüsse zu behandeln seien.
Es entspricht auch h. M., dass die Anfechtbarkeit wegen eines Einberufungsmangels nur dann ausscheidet, wenn feststeht, dass der betreffende Beschluss bei ordnungsgemäßem Vorgehen ebenso gefasst worden wäre, wobei die materielle Feststellungslast im Verfahren insoweit die Wohnungseigentümer trifft, die den angefochtenen Beschluss gefasst haben. Der Umstand allein, dass beschließende Eigentümer sich im Beschlussanfechtungsverfahren dahin äußern, sie hätten sich auch bei einer ordnungsgemäßen Einberufung bei der zurückliegenden Abstimmung nicht anders verhalten, wenn sie schon damals die Gesichtspunkte gekannt hätten, auf welche ein Antragsteller im Verfahren hingewiesen habe, wird - wie das BayObLG zutreffend ausgeführt hat (NJW-RR 1986, 813) - regelmäßig zum Nachweis der fehlenden Kausalität des Einberufungsmangels nicht ausreichen, weil nicht auszuschließen ist, dass diese Bewertung und die Auffassung der Wohnungseigentümer über ihr mutmaßliches Abstimmungsverhalten in der zurückliegenden Versammlung auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurückzuführen ist und i.Ü. von einem Interesse am Ausgang des Verfahrens beeinflusst sein kann.
Das Einberufungsrecht eines in einer vorausgegangenen Eigentümerversammlung bestellten Verwalters erlischt nicht rückwirkend dadurch, dass die Verwalterwahl später im Beschlussanfechtungsverfahren nach § 23 Abs. 4 WEG für ungültig erklärt wird (ebenso BayObLG, NJW-RR 1991, 531). Dieses Entscheidungsergebnis findet seine Grundlage in entsprechender Anwendung des § 32 FGG. Nach dieser Vorschrift lässt die (rückwirkende, insbesondere durch eine Entscheidung des Beschwerdegerichts erfolgende) Aufhebung einer Verfügung, durch die jemand die Fähigkeit oder die Befugnis zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder zur Entgegennahme einer Willenserklärung erlangt, die Wirksamkeit der inzwischen von ihm oder ihm gegenüber vorgenommenen Rechtsgeschäfte unberührt. Ansonsten würde auch im vorliegenden Fall ein unerträglicher Schwebezustand bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verwalterwahlbeschlussanfechtungsverfahrens entstehen, während dessen Dauer die Gemeinschaft praktisch handlungsunfähig wäre und die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlichen Beschlüsse nicht herbeigeführt werden könnten.
2. Im vorliegenden Fall wurden u. a. auch in einem Beschluss Verpflichtungen aller Wohnungseigentümer zu Eigenleistungen im Umfang von 50 Arbeitsstunden pro Jahr beschlossen (bezogen auf Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten und auch auf Gartenpflege). Gleichzeitig sollte für nicht geleistete Arbeitsstunden eine Art Vertragsstrafe von 50,- DM pro Stunde an die Gemeinschaft zu zahlen sein.
Ein solcher Beschluss widerspricht den §§ 27 Abs. 3 und 16 Abs. 2 WEG. Grundsätzlich hat der Verwalter ihm obliegende Verwaltungsaufgaben nach Maßgabe des Wirtschaftsplanes unter Verwendung gemeinschaftlicher Mittel durchzuführen. Instandhaltungsarbeiten sind nach dem Gesetz aus der Instandhaltungsrücklage zu finanzieren. Mit diesen gesetzlichen Vorschriften ist es nach Auffassung des Senats nicht zu vereinbaren, wenn durch einen Mehrheitsbeschluss eine umfassende persönliche Dienstleistungspflicht der einzelnen Eigentümer gegenüber der Gemeinschaft zumindest hinsichtlich der Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums begründet wird (mangels abweichender Vereinbarung in der Teilungserklärung).
Die Begründung einer Verpflichtung zu persönlichen Eigenleistungen mag demgegenüber hinsichtlich der Gartenpflege im Hinblick auf den Zuschnitt und die persönliche Zusammensetzung...