2.1 Grundsätze

Anfechtungsklagen, Nichtigkeitsklagen und Beschlussersetzungsklagen sind seit Inkrafttreten des WEMoG nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten, sondern gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der obsiegende Kläger ist also über seinen Anteil am gesetzlich oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel auch dann an den Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beteiligt, wenn er im Verfahren obsiegt. Freilich können die Wohnungseigentümer auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG einen Beschluss fassen, wonach potenzielle Kläger von den Kosten freigestellt werden, wenn sie im Verfahren obsiegen.

 

Musterbeschluss: Kostenbefreiung des obsiegenden Klägers einer Beschlussklage

TOP XX Kostenbefreiung des obsiegenden Klägers einer Beschlussklage

Der obsiegende Wohnungseigentümer einer Beschlussklage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird von den infolgedessen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auferlegten Verfahrenskosten in Höhe seines Anteils nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel freigestellt. Eine Kostenverteilung erfolgt also unter sämtlichen Wohnungseigentümern mit Ausnahme des obsiegenden Wohnungseigentümers. Diese Regelung ist nicht auf Kosten anwendbar, die durch eine Nebenintervention auf Klägerseite entstehen. So derartige Kosten gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer festgesetzt werden sollten, sind in die Verteilung dieser Kosten sowohl der Kläger als auch sein(e) Streithelfer eingebunden.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

________________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

2.2 Kostenregress beim Verwalter

Nach der nicht mehr geltenden Bestimmung des § 49 Abs. 2 WEG a. F. konnten dem Verwalter die Kosten insbesondere eines Anfechtungsverfahrens auferlegt werden, wenn er dieses aufgrund groben Verschuldens zu verantworten hatte.

§ 49 Abs. 2 WEG a. F. ist mit Inkrafttreten des WEMoG deshalb entfallen, weil seit jeher ein materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter geltend gemacht werden konnte, auch wenn diesem nur einfache Fahrlässigkeit zum Vorwurf zu machen war. Überdies hatten die Gerichte von der Möglichkeit des § 49 Abs. 2 WEG a. F. ohnehin nur zurückhaltend Gebrauch gemacht.

 
Praxis-Beispiel

Beispiele für grobes Verschulden

Eine Verfahrenskostenbelastung auf Grundlage von § 49 Abs. 2 WEG a. F. erfolgte insbesondere in folgenden Fällen:

  • grob fehlerhafte Protokollierung des Abstimmungsergebnisses[1] oder Ermittlung des Abstimmungsergebnisses;[2]
  • Ladungsmangel hat sich auf Beschlussfassung ausgewirkt,[3] insbesondere ungenügende Bezeichnung der TOPs im Einberufungsschreiben.[4] Ankündigung der Verwalterwiederbestellung und Beschlussfassung über Neubestellung eines anderen Verwalters ohne Vergleichsangebote;[5]
  • Ausübung einer Stimmrechtsvollmacht bei der Beschlussfassung über die Verwalterentlastung bei zusätzlicher Ergänzungsladung 2 Tage vor der Eigentümerversammlung;[6]
  • Verkündung eines erkennbar nichtigen Beschlusses;[7]
  • Initiierung inhaltsgleicher Beschlüsse, die bereits mehrfach gerichtlich für ungültig erklärt wurden;[8]
  • Beschlussfassung unter dem TOP "Sonstiges"/"Verschiedenes", soweit nicht bereits im Ladungsschreiben Beschlussgegenstände ausreichend bezeichnet wurden;[9]
  • fehlende Beschlussfähigkeit;[10]
  • kein Bedenkenhinweis vor Fassung eines nichtigen Beschlusses;[11] nicht ausreichender Bedenkenhinweis;[12]
  • Beschlussfassung in der Versammlung einer Teileigentümergemeinschaft, für die offensichtlich keine Beschlusskompetenz besteht;[13]
  • Verwalter macht bei Abstimmung über seine Entlastung von ihm erteilten Vollmachten Gebrauch;[14]
  • Beschlussverkündung unter Missachtung formeller Beschlussvoraussetzungen (doppelt qualifizierte Mehrheit in den Fällen der §§ 16 Abs. 4, 22 Abs. 2 WEG, vereinbarte Mehrheitserfordernisse; keine Allstimmigkeit bei benachteiligender baulicher Veränderung[15]); nicht jedoch bei Verkündung eines Negativbeschlusses bei mehrheitlich positiver Abstimmung über eine allzustimmungspflichtige bauliche Veränderung;[16] auch nicht bei Verkündung eines positiven Beschlusses bei fehlender Allstimmigkeit, soweit auf Anfechtungsrisiken hingewiesen wurde;[17]
  • dauerhafte Änderung des Kostenverteilungsschlüssels bei Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums mit Befugnis der Wohnungseigentümer, nach Gutdünken Fensteranstrich oder Fensteraustausch vornehmen zu lassen mit unterschiedlichen Farbgestaltungen oder unterschiedlichen Eigenschaften der Fenster, wie z. B. Materialien oder Wärmedämmungseigenschaften;[18]
  • Abstimmungsergebnis ist auch nicht aus der Versammlungsniederschrift ermittelbar;[19] keine Verfahrenskostenbelastung des Verwalters allerdings bei "Vorratsanfechtung" weil die Versammlungsniederschrift nicht innerhalb der Anfechtungsfrist gefertigt wurde (Einsichtnahme in Beschluss-Sammlung);[20]
  • Nichtbeachtung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung...

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