Leitsatz

  • Grundsätzlich keine Teilungültigkeit eines einheitlichen Eigentümerbeschlusses

    Besondere Rechtsschutzbedürfnisprüfung bei Anfechtung eines Beschlusses nach erfolgter Zustimmung

 

Normenkette

§ 23 WEG, § 25 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, § 139 BGB, § 242 BGB

 

Kommentar

1. Ein einheitlicher Wohnungseigentümerbeschluss kann nicht (nur) teilweise für ungültig erklärt werden. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn bereits der Anfechtungsantrag entsprechend beschränkt war. Ein Eigentümerbeschluss kann grundsätzlich nur insgesamt für wirksam oder insgesamt für unwirksam erklärt werden; eine Teilwirksamerklärung gibt es nicht, weil der einheitliche Beschlussvorgang als Ganzes Gegenstand der Überprüfung ist und nicht ausgeschlossen werden kann, dass zwischen einzelnen Teilen für die Bildung des Abstimmungswillens doch ein innerer Zusammenhang besteht (hier: einheitliches Thema einer Balkonsanierung). Der zitierten Rechtsprechung des BayObLG (BayObLG Z 1974, 172/175 und NJW 86, 385) lagen jeweils andere Sachverhalte zugrunde, in denen bereits die Anfechtungsanträge entsprechend beschränkt waren. Aus Gründen der Rechtssicherheit dürften durch den Wohnungseigentumsrichter nicht die Grenzen des Anfechtungsantrags überschritten werden, wie vom BayObLG entschieden; damit ist aber nichts darüber ausgesagt, ob das WE-Gericht befugt ist, von sich aus einen angefochtenen Eigentümerbeschluss nur teilweise für ungültig zu erklären, wenn er insgesamt angefochten worden ist. Im Übrigen erscheint es nicht unbedenklich, wenn das BayObLG eine Antragsbegrenzung auch auf einen einzelnen Posten der Jahresabrechnung für statthaft hält, da immerhin mit der Unwirksamkeit eines einzelnen Rechnungspostens die gesamte Jahresabrechnung in sich zusammenfällt.

2. Zwar teilt die Kammer die h. M., dass die Zustimmung zu einem Eigentümerbeschluss der nachträglichen Anfechtung eben dieses Beschlusses grundsätzlich nicht entgegensteht (a. A. Gerauer, ZMR 89, 41), weil für eine Beschlussanfechtung keine besondere persönliche Rechtsbeeinträchtigung erforderlich ist, da das Anfechtungsrecht nicht nur persönlichen Interessen, sondern auch dem Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung dient. Dennoch ist die Kammer der Ansicht, dass im Fall der ersichtlichen Zustimmung des Anfechtenden die Feststellung des Rechtsschutzbedürfnisses einer besonderen Prüfung bedarf. Dass Rechtsmissbrauch und sonstige Gesichtspunkte von Treu und Glauben einem Anfechtungsrecht insoweit entgegenstehen könnten, ist auch von der Rspr. anerkannt (vgl. KG MDR 1981, 407; OLG Celle, MDR 85, 145 und BayObLG, NJW-RR 1988, 1168). Weiterhin dürften alle Umstände einem Anfechtungsrecht der zustimmenden Person entgegenstehen, die der Beschlussfassung vorausgegangen sind und dem Anfechtenden bekannt gewesen sind (z. B. Einladungsmängel). Entscheidend sind hierbei die Gründe, auf die die Anfechtung gestützt wird. Vorliegend lagen die Gründe, die für die Anfechtung angeführt wurden, außerhalb des Gegenstandes der Beschlussfassung, sodass ein Rechtsschutzbedürfnis des anfechtenden Eigentümers verneint werden musste.

 

Link zur Entscheidung

( LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.03.1990, 2/9 T 1204/89= NJW-RR 20/1990, 1238)

zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren

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