Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilanfechtung von Wohnungseigentümerbeschlüssen. Rechtsschutzbedürfnis
Leitsatz (amtlich)
1. Ein einheitlicher Wohnungseigentümerbeschluß kann nicht (nur) teilweise für ungültig erklärt werden. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn bereits der Anfechtungsantrag entsprechend beschränkt war.
2. Das grundsätzlich gegebene Rechtsschutzbedürfnis eines Wohnungseigentümers für die Anfechtung eines Wohnungseigentümerbeschlusses selbst dann, wenn er dem Beschluß zugestimmt hat, ist in diesem Falle auf entgegenstehende Umstände besonders zu prüfen.
Orientierungssatz
Vergleiche zu Leitsatz 1 BayObLG München, 1985-11-07, BReg 2 Z 83/85, NJW 1986, 385; vergleiche zu Leitsatz 2 OLG Celle, 1984-10-08, 4 W 181/84, MDR 1985, 145.
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.
Auch der Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 17. August 1989 zu Tagesordnungspunkt 3.1 zu b) (Ausführung der Balkonsanierung) wird für ungültig erklärt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des amtsgerichtlichen Verfahrens trägt die Antragstellerin zu 46,7 % und die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu 53,3 %.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zu 49,5 % und die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu 50,5 %.
Der Geschäftswert des amtsgerichtlichen Verfahrens wird auf DM 53.500,-- abgeändert.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf DM 51.500,--, für die Entscheidung auf DM 50.000,-- festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Wohnungseigentümer der betroffenen Wohnungseigentumsanlage. Der Antragstellerin gehört eine Wohnung im 3. Obergeschoß; die Wohnung hat keinen Balkon.
Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 30.03.1989 wurde unter TOP 6.2 zu Nr. 2 folgender Beschluß:
"Alle Häuser und das Garagengebäude werden außen und innen saniert. Ein Wärmedämmputz wird nicht angebracht.
Die geschätzten Kosten betragen ca. DM 235.410,--. Die Durchführung geschieht aus Finanzierungsgründen außen im Jahr 1989 und innen im Jahr 1990. Die Finanzierung erfolgt aus der Instandhaltungsrücklage.
Die Instandhaltungsrücklage wird dazu mit einer Sonderumlage aufgestockt, die am 01.12.1989 mit DM -, 75 pro 10 Miteigentumsanteilen zur Zahlung fällig ist. Der Verwalter wird zu dem angegebenen Termin die entsprechenden Beträge durch Last- Schriftverfahren von den Konten der Eigentümer abbuchen lassen"
mit der Stimme der Antragstellerin ohne Gegenstimmen bei einigen Enthaltungen gefaßt.
Die Wohnungseigentümerversammlung vom 17.08.1989 faßte unter TOP 3.1 b) mehrheitlich gegen die Stimme der Antragstellerin folgenden Beschluß:
"Wegen der notwendigen Sanierungsmaßnahmen an der Kante der Balkonplatten besteht die Gefahr, daß die bereits durch die Eigentümer aufgebrachten Balkonbeläge wegen des notwendigen Sandstrahlens beschädigt werden. Damit entsteht gegen die Gemeinschaft ein Ersatzanspruch.
Die Gemeinschaft beschließt wegen des hiermit verbundenen Risikos und im Hinblick auf eine notwendige einheitliche Sanierungsmaßnahme, auch in Bezug auf die Feuchtigkeitsisolierung unter den Bodenplatten, eine koordinierte Maßnahme dahingehend, daß die vorhandenen Bodenbeläge entfernt, eine Feuchtigkeitsisolierung aufgebracht und der Balkonboden mit wetterfesten, frostsicheren Bodenfliesen deutschen Fabrikats einheitlich auf allen Balkonen zu Lasten der Gemeinschaft versehen wird.
Mit diesem Beschluß sind alle Ansprüche aus § 14.4 WEG einzelner Eigentümer gegen die Gemeinschaft durch Naturalersatz abgegolten.".
Unter anderem diese beiden Beschlüsse hat die Antragstellerin angefochten. Sie wendet sich gegen die beschlossene Balkonsanierung, soweit es sich um die Ausstattung der Balkone mit Fliesen handelt.
Diese Maßnahme gehe über eine ordnungsgemäße Instandhaltung des ursprünglichen Zustandes hinaus und stelle eine bauliche Veränderung dar, für die es eines einstimmigen Beschlusses bedürfe. Soweit es sich bei den ohne Genehmigung der Eigentümergemeinschaft nachträglich angebrachten Bodenbeläge um Sondereigentum handele, müsse dessen Erhaltung bzw. Änderung zu Lasten des jeweiligen Eigentümers gehen.
Die Antragsgegner haben die Ansicht vertreten, daß die Beschlußfassung über die Balkonsanierung nicht zu beanstanden sei.
Durch Beschluß vom 17.10.1989 hat das Amtsgericht unter anderem diese beiden Anfechtungsanträge der Antragstellerin zurückgewiesen. Einer einstimmigen Beschlußfassung habe es insoweit nicht bedurft, weil diese Beschlüsse noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Instandhaltung/Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums entsprächen, zumal die Notwendigkeit der Balkonsanierung zwischen den Beteiligten unstreitig sei. Die Entfernung der im Sondereigentum stehenden Balkonbeläge sei zur Durchführung der Sanierung erforderlich. Den jeweiligen Eigentümern stünden dafür gemäß § 14 Nr. 4 WEG Schadensersatzansprüche zu.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Anfechtungsbegehren weiterverfolgt.
Die Antrags...