Leitsatz

Der Vater eines am 31.3.2001 geborenen Kindes, dessen Mutter er kurz nach der Ehescheidung von ihr getötet hatte, wandte sich gegen eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, durch die sein Antrag, den Bruder der Kindesmutter zum Vormund auszuwählen, zurückgewiesen worden war. Ferner hatte er beantragt, den bis zu diesem Zeitpunkt für das Kind bestellten Vormund zu verpflichten, ihm eine Fotografie seines Kindes neueren Datums zur Verfügung zu stellen.

Beide Anträge hatte das Vormundschaftsgericht zurückgewiesen. Seine hiergegen eingelegte Beschwerde wurde vom LG hinsichtlich des Antrags auf Vormünderwechsel als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen. Hiergegen wandte sich der Beschwerdeführer erneut mit seiner weiteren Beschwerde, die in der Sache keinen Erfolg hatte.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Anders als das LG hielt das KG die gegen die Zurückweisung des Antrags durch das Vormundschaftsgericht gerichtete (Erst-)Beschwerde für zulässig. Der Beschwerdeführer sei zur Erhebung der Beschwerde befugt gewesen.

Zutreffend habe das LG erkannt, dass die Beschwerdebefugnis nicht aus den Regelungen in § 20 Abs. 1 FGG herzuleiten sei. Der Beschwerdeführer werde durch die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt, weil ihm die Personensorge für das Mündel entzogen worden sei und die Auswahl des Vormunds zu den Personensorgeangelegenheiten gehöre.

Die Beschwerdebefugnis folge jedoch aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG. Danach stehe die Beschwerde gegen eine Verfügung, die eine Entscheidung über eine die Sorge für die Person des Kindes oder des Mündels betreffende Angelegenheit enthalte, jedem zu, der ein berechtigtes Interesse habe, die Angelegenheit wahrzunehmen. Hiernach habe ein Elternteil mit Rücksicht auf das fortbestehende Verwandtschaftsverhältnis in Angelegenheiten von besonderer Tragweite eine Beschwerdebefugnis, auch wenn ihm die Sorge für die Person des Kindes entzogen worden sei (OLG Hamm, FamRZ 1977, 478; offen gelassen von BGH, NJW 1956, 1755, 1756).

Bei der Bestellung eines Einzelvormunds anstelle des Amts- oder Vereinsvormunds handele es sich um eine solche bedeutende Angelegenheit. Auf sie dürfe nach § 1887 Abs. 2 S. 2 BGB jeder Einfluss nehmen, der ein berechtigtes Interesse des Mündels geltend mache. Dieses nicht an die Personensorge gebundene Recht könne dem Beschwerdeführer nicht abgesprochen werden. Er wolle mit seiner Beschwerde erreichen, dass das Mündel bei seiner leiblichen Familie aufwachse, weil dies dem Wohl des Kindes entspreche.

Entgegen der Auffassung des LG habe der Beschwerdeführer sein Beschwerderecht auch nicht durch die Tötung der Kindesmutter verwirkt. Diese Tat ändere an den engen verwandtschaftlichen Beziehungen des Beschwerdeführers zu dem Mündel nichts. Sie rechtfertige die Versagung eines Beschwerderechts in Angelegenheiten der Personensorge von besonderer Tragweite auch deshalb nicht, weil dieses Recht immer nur im Interesse des Mündels auszuüben sei. Ob ein Wechsel in der Person des Vormunds in Betracht komme, sei damit letztendlich nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Beschwerde zu entscheiden.

Eine Übertragung der Vormundschaft auf den Onkel des Mündels diente nach Auffassung des KG nicht dessen Wohl. Voraussetzung sei, dass mit der Entlassung des Vereins und der Bestellung einer anderen Person zum Vormund eine echte Verbesserung für das Mündel verbunden sei. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Zutreffend habe das LG festgestellt, dass etwaige Kontaktanbahnungen des Mündels zu seiner Familie der therapeutischen Begleitung bedürften. Die mit der Übertragung der Vormundschaft angestrebte unmittelbare Verbringung des Mündels in den Kreis der Großfamilie stehe dem entgegen.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 01.07.2008, 1 W 360/07, 1 W 361/07

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