Leitsatz

Berechtigter Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch der Gemeinschaft kraft bestandskräftiger Beschlussfassung gegen renitenten, grundsätzlich sondernutzungsberechtigten Falschparker auf dem gemeinschaftlichen Grundstück

 

Normenkette

§ 10 Abs. 6 WEG; § 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Ein Stellplatz-Sondernutzungsberechtigter parkte sein Fahrzeug ständig außerhalb der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Stellplatzfläche unter Hinweis auf unrichtige Markierungen, die er obendrein selbst veränderte. Die Gemeinschaft beschloss daraufhin Auftragserteilung an den Verwalter zu entsprechender Abmahnung und bei neuerlicher Zuwiderhandlung und Wiederholungsfall der Störung über einzuschaltenden Anwalt zu Beschreitung des Rechtswegs. Der Beschluss wurde nicht angefochten. Nachdem es unter genauer Zeitangabe zahlreiche neuerliche Verstöße gab, wurde der Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgelds von 10.000 EUR (ersatzweise Ordnungshaft) vom Amtsgericht belehrt, wo er parken dürfe.
  2. Für die Unterlassungsklage nach § 1004 BGB ist die Gemeinschaft kraft bestandskräftiger Beschlussfassung aktivlegitimiert (vgl. § 10 Abs. 6 WEG). Dabei könne dahingestellt bleiben, ob eine Gemeinschaft nicht bereits originär zuständig wäre, da sie die Pflicht zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit auf dem gemeinschaftlichen Grundstück besitze. Vorliegend konnte die Gemeinschaft ungeachtet individueller Abwehrrechte in entsprechender Weise beschließen (vgl. BGH, NZM 2006 S. 465 und OLG München, NZM 2006 S. 345). Wiederholungsgefahr neuerlicher Störungen durch den renitenten Eigentümer war vorliegend zu bejahen. Der Beklagte "scheint zu den Menschen zu gehören, die meinen, dass für sie jeweils andere Regelungen gelten", so wörtlich aus den Gründen des Urteils.
  3. Auch die Auffassung des Beklagten, dass die Parkmarkierung nicht richtig sei, ist in Anbetracht des bestandskräftigen Beschlusses auch über die Gebrauchsregelung nicht vertretbar, zumal der Beklagte einräumte, dass das Sondernutzungsrecht "ungefähr an der Stelle – wie markiert – liege und dass Linien hier nur geringfügig falsch eingezeichnet seien". Besteht aus seiner Sicht insoweit Regelungsbedarf, hätte er entsprechenden Antrag in der Eigentümerversammlung in Richtung einer durchzuführenden Neuvermessung stellen und dabei wohl auch das Gutachten eines Vermessungsingenieurs vorlegen müssen. Vorliegend hatte die Verwaltung die Markierungen aufgrund eines früheren Beschlusses angebracht, der ebenfalls nicht vom Beklagten angefochten und damit auch für ihn bindend wurde. Insoweit kann er hier nicht einseitig eigene Markierungen auf dem Gemeinschaftseigentum anbringen.
Anmerkung

Ein auch in "erzieherischer Hinsicht" gegen einen offensichtlich bisher uneinsichtigen Miteigentümer einer Gemeinschaft deutliches Machtwort des Gerichts.

Zum weiteren, beiläufigen Hinweis des Gerichts auf seine Antragsmöglichkeit in der Versammlung in Richtung etwaiger Neuvermessung und Vorlage des Gutachtens eines Vermessungsingenieurs darf ich allerdings Bedenken anmelden. Sondernutzungsrechte und insbesondere solche zum Abstellen von Kraftfahrzeugen können sicher nicht von einem Vermessungsingenieur in etwaigen Umfangs- und Grenzstreitigkeiten abgeklärt werden. Solche Rechte bedürfen keiner ein Grundstück verbindlich abgrenzenden Grenzsteine, müssen vielmehr in Auslegung aus Beschrieben in der Teilungserklärung und zeichnerischer Darstellung in einem Aufteilungsplan (Lageplan) ermittelt werden. Zumindest im Regelfall ist davon auszugehen, dass aus diesen Begründungsunterlagen auch Sondernutzungsrechte hinsichtlich Größe, Umfang und Grenzziehung nach gebotenen sachen- und grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen eindeutig identifizierbar sind. Andernfalls besteht Handlungsbedarf der Eigentümer bis hin zu eventuellen grundbuchrechtlichen Berichtigungsanträgen, Widersprüchen (zur Vermeidung gutgläubigen Erwerbs fehlerhaft bestimmter Flächen) oder sogar Amtswidersprüchen (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO) bei völliger Unbestimmtheit bzw. Unbestimmbarkeit erfolgter Eintragung (was vielleicht sogar von einem insoweit prüfungspflichtigen Grundbuchamt übersehen wurde).

 

Link zur Entscheidung

AG Dortmund, Urteil v. 11.1.2011, 512 C 49/10, NZM 2012 S. 541

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