Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Beseitigungspflicht einer Balkonverglasung, errichtet ohne bestandskräftig beschlossene Genehmigung des Verwalters
Nur Duldung der Beseitigung durch den Rechtsnachfolger des baulich ändernden Rechtsvorgängers (Handlungsstörers)
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 1004 BGB
Kommentar
1. Wird für die bauliche Veränderung eines Eigentümers (hier: Balkonverglasung) in bestandskräftigem Eigentümerbeschluss schriftliche Genehmigung des Verwalters gefordert, so ist die bauliche Veränderung, wenn der betroffene Eigentümer eine solche Genehmigung nicht erhalten hat und auch keinen Anspruch auf ihre Erteilung besitzt (weil er die dafür in dem Eigentümerbeschluss aufgestellten Bedingungen nicht erfüllt), auch dann zu beseitigen und der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen, wenn mit der baulichen Veränderung keine nachteilige Beeinträchtigung verbunden sein sollte. Vorliegend hat das LG außer Betracht gelassen, dass die allgemeine Rechtslage (zu § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG) durch den vorerwähnten bestandskräftigen Eigentümerbeschluss verändert wurde; dieser Beschluss bindet auch den Antragsgegner dieses Verfahrens als Rechtsnachfolger des seinerzeitigen Wohnungseigentümers, der die bauliche Veränderung vorgenommen hatte ( § 10 Abs. 3 WEG).
2. Hat ein Rechtsvorgänger eines Eigentümers eine bauliche Veränderung vorgenommen, ist der (augenblickliche) Eigentümer (Rechtsnachfolger) nur zur Duldung deren Beseitigung und der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes auf Kosten der übrigen Wohnungseigentümer verpflichtet. Im vorliegenden Fall hatte der Rechtsnachfolger die bauliche Veränderung (Balkonverglasung) nicht selbst vorgenommen; damit ist er auch nicht Handlungsstörer. Allein entsprechende Duldungspflicht eines Rechtsnachfolgers wurde auch vom KG Berlin in dieser Weise entschieden (NJW-RR 91, 1421).
Ob hier die restlichen Eigentümer die Kosten einer derartigen (Beseitigungs-)Maßnahme vom Rechtsvorgänger des Antragsgegners unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes verlangen können, muss in diesem Verfahren nicht entschieden werden.
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 8.000.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 04.12.1997, 2Z BR 123/97)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Dieses Ergebnis des Senats auch in Anlehnung an die Rechtsprechung des KG Berlin ist natürlich für die restlichen Eigentümer sehr unbefriedigend und umständlich, wenn sie vorerst selbst und auf eigene Kosten allein mit Duldungspflicht des Rechtsnachfolgers (als "Zustandsstörer") bei widerrechtlich von einem Rechtsvorgänger (Handlungsstörer) vorgenommenen baulichen Veränderungen Beseitigungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen vornehmen müssen. Muss hier eine Gemeinschaft wirklich in Kostenvorlage treten? Oftmals kennen Erwerber auch bei Kauf die Widerrechtlichkeit einer vom Verkäufer im Bereich des Kaufgegenstands vorgenommenen nachteiligen baulichen Veränderung oder könnten zumindest hiervon Kenntnis haben. Warum kann hier - mangels Verwirkung - die Beseitigungsmaßnahme nicht unmittelbar vom Zustandsstörer gefordert werden, der entsprechend bei seinem Verkäufer ggf. auf schnellerem Wege Regress nehmen könnte? Offen konnte im vorliegenden Fall auch die Erörterung der Frage bleiben, ob nicht eine Gemeinschaft noch auf zivilgerichtlichem Wege unmittelbar gegen einen Veräußerer als Handlungsstörer mit Erfolg vorgehen könnte. Zu diesen sicher noch umstrittenen Passivlegitimations- und Haftungsfragen Handlungsstörer/Zustandsstörer darf ich auch auf meinen Vortrag Fischen, veröffentlicht in PiG, Schriftenreihe des ESW Dtschld. e.V. Nr. 51 (1997), S. 91ff. (101), verweisen.