Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 5 Abs. 2 WEG, § 10 Abs. 4 WEG, § 14 Nr. 4 WEG, § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG
Kommentar
1. Der betreffende Terrassensondereigentümer ist gemäß § 14 Nr. 4 WEG in Verbindung mit bestandskräftig gefaßten Eigentümerbeschlüssen verpflichtet, das Betreten seiner Dachterrasse der Verwaltung und den von dieser beauftragten Handwerkern zu gestatten, um die Dachterrassen erneuern zu lassen.
2. Zum Sondereigentum einer Stockwerkterrasse gehört allenfalls die oberste Abdeckung der Terrassenfläche durch Steinplatten; die Schichten zur Abdichtung und Wärmedämmung der darunterliegenden Räume sind jedenfalls zwingend gemäß § 5 Abs. 2 WEGgemeinschaftliches Eigentum (BayObLG, NJW-RR 1989, 1293/1294 m. w. N.).
3. War anfänglich eine Dämmschicht dünner ausgeführt als im Bauauftrag vereinbart, liegt hierin ein Werkmangel. Die Gemeinschaft konnte mit Stimmenmehrheit auch im Rahmen ordnungsgemäßer Instandhaltung und Instandsetzung alle Maßnahmen zur Mängelbeseitigung und damit zur erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes beschließen.
4. Da in § 21 und § 22 WEG nicht nur von Instandsetzung, sondern an erster Stelle von Instandhaltung gesprochen wird, brauchen Eigentümer mit Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen auch nicht zu warten, bis konkrete Schäden größeren Ausmaßes tatsächlich eingetreten sind. Vielmehr dürfen sie nach dem Maßstab eines verständigen Hauseigentümers wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen auch schon vorsorglich treffen (vgl. dazu BayObLGZ 1988, 271/274), wenn wie hier Anhaltspunkte für die Schadensanfälligkeit von baulichen Konstruktionen bestehen.
5. Im vorliegenden Fall hatten auch Eigentümer bestandskräftig einen Sanierungsbeschluss gefasst; dieser Beschluss berechtigt und verpflichtet alle Eigentümer ohne Rücksicht darauf, ob sie an der Versammlung teilgenommen oder wie sie ihre Stimme abgegeben haben.
Nach Ablauf der Beschlussanfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG sind Beschlüsse auch dann gültig und für alle Eigentümer bindend, wenn der Beschlussgegenstand einem Mehrheitsbeschluss nicht zugänglich war; dies gilt auch für Beschlüsse über bauliche Veränderungen (vgl. BGH vom 21. 5. 1970, BGHZ 54, 65/69f. und BayObLG, NJW-RR 1988, 591).
6. Wurde eine Anfechtungsfrist versäumt, ist ein Antrag nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückzuweisen, da die 1-Monats-Frist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG keine verfahrensrechtliche Frist ist, sondern eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Ein verspäteter Antrag ist deshalb unbegründet (BayObLG, NJW-RR 1990, 210/211).
7. Im vorliegenden Fall war auch der Antrag auf Wiedereinsetzung verspätet; außerdem lagen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Anfechtungsfrist analog § 22 FGG nicht vor. Es bestand auch keinerlei vereinbarte oder vertragliche Verwalterverpflichtung (anders als nach Sachverhalt BayObLG, Entscheidung v. 5. 4. 1990, Az.: BReg 2 Z 30/90 und BayObLG, Entscheidung v. 11. 4. 1990, Az.: BReg 2 Z 35/90), eine Protokollabschrift an Eigentümer zu versenden, sodass - abgesehen von Ausnahmefällen - das verspätete Zugehen einer Niederschrift die Versäumung einer Frist nicht entschuldigte. Es obliegt jedem Wohnungseigentümer, der an einer Versammlung nicht selbst teilgenommen hat, sich rechtzeitig vor Ablauf der Frist zu erkundigen, welche Beschlüsse gefasst worden sind. Obendrein gewährt ihm § 24 Abs. 6 Satz 3 WEG und im vorliegenden Fall auch eine entsprechende Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung ein entsprechendes Einsichtsrecht.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 20.03.1991, BReg 2 Z 8/91)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung