Leitsatz
Eine frühere Verurteilung des Mieters zur Zahlung von Mietzins für einen bestimmten Zeitraum entfaltet keine Bindungswirkung im Nachfolgeprozeß, der einen anderen Anspruchszeitraum zum Gegenstand hat.
Gibt der Mieter das Mietobjekt vorzeitig auf und zahlt die Miete nicht mehr, wird er nicht allein durch eine Neuvermietung aus dem Mietvertrag entlassen.
Sachverhalt
Der Vermieter hatte Geschäftsräume auf ein Jahr vermietet. Mangels fristgemäßer Kündigung verlängerte sich der Mietvertrag um neun Jahre. Drei Jahre nach Vertragsbeginn veräußerte der Mieter seinen Betrieb und räumte die Mieträume. Ein Jahr später kündigte er das Mietverhältnis - ohne Kündigungsgrund - fristlos. Der Vermieter vermietete das Ladenlokal auf die Dauer von zehn Jahren weiter. Er teilte dies dem ausgezogenen Mieter mit und wies ihn darauf hin, daß der Mietvertrag weiterbestehe. Der Vermieter werde ihn aber nicht in Anspruch nehmen, so lange der neue Mieter seinen Verpflichtungen nachkäme. Bereits nach fünf Monaten gaben die Nachmieter den Geschäftsbetrieb auf. Das Ladenlokal war in den folgenden sechs Monaten nicht vermietet. Der Vermieter verklagte den ersten Mieter erfolgreich auf Zahlung der Miete für diesen Zeitraum. Das Objekt wurde erst fast zwei Jahre später wieder vermietet, der Mieter wurde auch zur Zahlung der weiteren Miete bis zu diesem Zeitpunkt verurteilt. Nunmehr wendet er sich gegen dieses Urteil mit der Begründung, das Mietverhältnis sei jedenfalls durch die erste Neuvermietung beendet worden. Der Mietvertrag sei dadurch nämlich konkludent aufgehoben worden. Spätestens der Abschluß des Mietvertrages mit dem nächsten Miete habe das Mietverhältnis der Parteien beendet, so daß der Vermieter daraus keine Ansprüche mehr ableiten könne.
Entscheidung
Das Mietverhältnis bestand weiter, der Mieter muß zahlen. Zwar kann die Zahlungsverpflichtung für den zweiten Zeitraum nicht damit begründet werden, daß der Mieter bereits im Vorprozeß zur Zahlung verurteilt worden war. Das erste Urteil hat keine Rechtsbindungswirkung über den im ersten Prozeß geltend gemachten Anspruchszeitraum hinaus. Das Mietverhältnis wurde durch die Kündigung nicht beendet, Diese war mangels Kündigungsgrundes unwirksam. Der Mieter wurde von seiner Verpflichtung, die Miete zu zahlen auch nicht dadurch befreit, daß der Vermieter das Mietobjekt anderweitig vermietete. Ohne Vereinbarung einer Nachfolgeklausel ist der Vermieter grundsätzlich nicht verpflichtet, einen ihm vom Mieter benannten Ersatzmieter zu akzeptieren und den ursprünglichen Mieter aus dem Vertrag zu entlassen. Zieht der Mieter ohne Rücksicht auf den weiterbestehenden Mietvertrag endgültig aus und zahlt keine Miete mehr und kann der Vermieter das Objekt nur zu einem niedrigeren Mietzins weitervermieten, muß der Mieter die Differenz bezahlen. Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn sich der Vermieter damit einverstanden erklärt, daß der alte Mietvertrag beendet sein soll, der frühere Mieter somit aus der Haftung entlassen wurde. Hier hatte der Vermieter dem Mieter mitgeteilt, daß er am Mietvertrag festhalte und den Mieter nicht aus der Haftung entlasse. Damit hat er dem Mieter gegenüber klargestellt, daß er mit der Neuvermietung lediglich versuchte, den Schaden gering zu halten. Allerdings kann der Vermieter hier nicht mehr die Zahlung der Nebenkosten verlangen, denn er hatte dem Mieter keine Abrechnungen vorgelegt.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.1997, 10 U 39/97
Fazit:
Grundsätzlich hat der Mieter kein Recht, aus dem Mietvertrag vorzeitig entlassen zu werden, auch wenn er dem Vermieter zumutbare Ersatzmieter anbietet. Dazu bedarf es vielmehr einer vertraglichen Regelung. Der Vermieter muß nach Treu und Glauben nur dann einen Aufhebungsvertrag mit dem Mieter schließen, wenn das berechtigte Interesse des Mieters an der Aufhebung dasjenige des Vermieters am Bestand des Vertrags ganz erheblich überragt. Bei der Geschäftsraummiete stellen z.B. enttäuschte Umsatzerwartungen grundsätzlich kein berechtigtes Interesse an der Vertragsaufhebung dar. Wenn aber durch nachträgliche staatliche Maßnahmen (z.B. U-Bahn-Bau) ein Umsatzrückgang eintritt, so daß das Geschäft nicht mehr lebensfähig ist, kann der Mieter die Aufhebung des Mietvertrages verlangen.