Leitsatz

  • Bestimmtheitsanforderungen an einen Eigentümerbeschluss (hier: Speicherausbau)

    Im Beschlussanfechtungsverfahren ist das Gericht grundsätzlich an den gestellten Antrag gebunden

    Teilungültigkeit eines Beschlusses richtet sich nach § 139 BGB

 

Normenkette

§ 23 Abs. 4 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, § 43 Abs. 2 WEG, § 139 BGB

 

Kommentar

Zu 1.: Ein Eigentümerbeschluss muss die zur rechtlichen Beachtlichkeit erforderliche Bestimmtheit besitzen. Die Auslegung eines Beschlusses erfolgt nach objektiven Maßstäben; dabei können auch Begleitumstände herangezogen werden, die in der Versammlungsniederschrift zum Ausdruck gekommen sind, Umstände, die nicht für jedermann erkennbar sind, können dagegen nicht berücksichtigt werden; dies folgt auch aus § 10 Abs. 3 WEG (vgl. BayObLG, WM 1992, 642 m.w.N.).

Wird in einem Eigentümerbeschluss auf ein bestimmtes Ereignis oder einen bestimmten Gegenstand Bezug genommen, so muss dieser mit genügender Bestimmtheit feststellbar sein. Im vorliegenden Fall wurde unter Berücksichtigung eines zur Auslegung des Beschlussinhalts herangezogenen Anwaltsschreibens die ausreichende Bestimmtheit bestätigt; es ging vorliegend um den Ausbau eines gesamten Speichers mit Bauänderungsmaßnahmen (Fensteraustausch, Anbringung einer Wärmedämmung in der Dachfläche sowie Baumaßnahmen an der Geschossdecke und am Fußboden).

Bei solchen auf Dauer angelegten Eingriffen in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums handelt es sich um bauliche Veränderungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG, d.h. um Eingriffe in das zwingende Gemeinschaftseigentum (diese Bauteile sind für den Bestand des Gebäudes erforderlich, vgl. § 5 Abs. 2 WEG).

Nachteilig im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ist dabei jede nicht ganz unbedeutende Beeinträchtigung; unter solche Beeinträchtigungen fallen auch die mit der Möglichkeit einer intensiveren Nutzung (hier: Speichernutzung zu Wohnzwecken) regelmäßig verbundenen Nachteile (h.M.).

Im vorliegenden Fall sei das Landgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die durchgeführten Baumaßnahmen nicht dem Zweck dienten, die Einbeziehung des Speicherraums in die darunter liegende Wohnung und seine Nutzung zu Wohnzwecken zu ermöglichen oder jedenfalls zu erleichtern (eine Nutzungsänderung war nicht beschlossen und auch im erwähnten Anwaltsschreiben nicht angedeutet).

Zu 2.: Im Beschlussanfechtungsverfahren nach dem WEG ist allerdings das Gericht an den gestellten Antrag in gleicher Weise wie nach § 308 ZPO (Dispositionsmaxime) gebunden, weil andernfalls der Umfang der Bestandskraft eines Beschlusses ungewiss bleibt. Das Gericht ist daher auch im Beschlussanfechtungsverfahren nicht befugt, die durch den Inhalt des Sachantrages gesetzten Grenzen zu erweitern.

Es ist ohne entsprechenden Antrag auch nicht ermächtigt, die in einem angefochtenen Eigentümerbeschluss getroffene Regelung zu ändern oder durch eigene, geeignet erscheinende Baumaßnahmen zu ergänzen oder zu ersetzen. Eine Gerichtsentscheidung hat sich mithin auf die Ungültigerklärung eines angefochtenen Beschlusses zu beschränken (BayObLGZ 1985, 17 1/176).

Das Landgericht durfte also im vorliegenden Falle nicht die zusätzliche Feststellung treffen, dass der Antragsgegner nach erfolgtem Speicherausbau ab einem bestimmten Zeitraum ungeachtet der Heizkostenabrechnung für die Wohnanlage an die Gemeinschaft jährlich einen Geldbetrag zu bezahlen hätte, der 2,5% der Heizkosten entspreche.

Zu 3.: Bei der gerichtlichen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses ist nach § 139 BGB zu beurteilen, ob der Eigentümerbeschluss ganz oder nur teilweise für ungültig zu erklären ist, also teilweise auch aufrechterhalten bleiben kann. Vorliegend komme nur eine teilweise Ungültigerklärung in Betracht, was in den Entscheidungsgründen näher ausgeführt wird.

Hälftige Gerichtskostentragung in allen Rechtszügen ohne jeweilige außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswertansatz für die Rechtsbeschwerdeinstanz von 30.000 DM.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 12.07.1994, 2Z BR 51/94)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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